Kommentar: Microsoft kauft sich Marktanteile bei Smartphones und Tablets

Mir der Ankündigung, Windows für Smartphones und kleine Tablets umsonst abzugeben, stellt Microsoft sich dem Preiskampf der günstigen Geräte. Das ist gut für Käufer und Hersteller, aber ein neues Geschäftsmodell für Microsoft.

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Mit der Ankündigung, Windows künftig für Smartphones und Tablets bis 9 Zoll umsonst an die Hersteller abzugeben, steigt Microsoft aggressiv in den Preiskampf bei günstigen Tablets und Smartphones ein, ändert aber auch sein Geschäftsmodell. Offensichtlich sollen die Einnahmen jetzt nicht mehr aus dem Verkauf von Windows – oder Patentlizenzen für Android-Geräte – kommen, sondern aus anderen Quellen.

Einen Vorgeschmack auf die günstigen Geräte geben das neue Lumia 630 und 635, 4,5-Zoll-Smartphones für 160 Euro beziehungsweise 180 Euro mit LTE. Dagegen haben günstige Androiden wie das Motorola Moto G für 170 Euro, das HTC Desire 310 für 160 Euro oder das Huawei Ascend Y530 – allesamt ohne LTE – einen schweren Stand.

Ein Kommentar von Jörg Wirtgen

Schreibt seit 1999 für c't und heise online, anfangs über Mainboards und Prozessoren, dann Notebooks, seit vielen Jahren nun über Smartphones und Tablets. Daneben beschäftigen ihn Android-Programmierung und die Synchronisation des ganzen Geräteparks.

Bei den Tablets wird es schwieriger: Da gibt es um 250 Euro das Nexus 7 mit Full-HD-Display und einige Konkurrenten und unter 150 Euro einen ganzen Haufen Einsteiger-Modelle. Kein Windows-Tablet kommt derzeit in diese Regionen, und die 8-Zoll-Modelle mit Intels Atom-Prozessor unter 300 Euro sind beispielsweise hinsichtlich Laufzeit, Dicke und Gewicht kaum konkurrenzfähig – allerdings sind sie anders als die neuen Lumias noch mit einer kostenpflichtigen Windows-Lizenz bepreist.

Für die Hersteller gewinnt Windows damit erst einmal an Attraktivität. Bei Smartphones müssen sie sich zwar der starken Konkurrenz der künftigen Microsoft-Tochter Nokia stellen, doch das dürfte nicht so viel anders sein als mit dem im Android-Lager übermächtigen Konkurrenten Samsung. Ich bin gespannt, wie schnell Motorola-Käufer Lenovo eine Windows-Version des Moto G bringen wird. Bei Tablets sieht das komplizierter aus: Hier sind Apple und Amazon wichtige Konkurrenten, hier spielen das App- und vor allem Medienangebot eine größere Rolle als bei Smartphones – Probleme, die ein Gerätehersteller nicht alleine lösen kann.

Windows und Windows Phone auf Microsofts Build 2014

Microsoft hat auf seiner Entwicklerkonferenz Build 2014 einiges an Neuerungen zu Windows 8.1 und Windows Phone vom Stapel gelassen - immer unter der Prämisse, endlich auch im Tabet- und Smartphone-Bereich besser dazustehen.

Interessant ist allerdings die Frage, wie Microsoft nun Geld verdienen will. Reichen ähnlich wie bei Google die Anteile am App- und Medienverkauf und die sekundären Einnahmen durch Werbung und Nutzung der Suchmaschine? Die virtuelle Assistentin Cortana greift für viele Anfragen auf Bing zurück, sodass Microsoft hier vielleicht zukünftig deutlich mehr Werbeeinnahmen erwartet. Oder will Microsoft so viel an der Nokia-Hardware verdienen und so dominant bei Windows-Smartphones bleiben, dass das Lizenzgeschäft der paar anderen Hersteller verzichtbar ist? Jedenfalls dürfte es auf Dauer kaum funktionieren, das Mobile-Geschäft aus den Desktop-Einnahmen quersubventionieren zu lassen.

Dem Kunden darf das herzlich egal sein, er profitiert auf jeden Fall vom kostenlosen Windows, da mehr Konkurrenz im günstigen Preissegment zu besseren Smartphones und Tablets führen wird.

Mindestens die Marktanteile von Windows Phone dürften also kräftig steigen, was wiederum mehr App-Entwickler anlockt, sodass das im Vergleich zu iOS und Android magere App-Angebot wächst – und zwar dank der neuen Universal-Apps dann nicht nur für Smartphones, sondern auch für Tablets sowie Notebooks und Desktop-PCs mit Touch. Auch ein wichtiges Ziel für Microsoft. (jow)