Kommentar: Open Source zwischen Freiheit und Kommerz

Der Wandel in der Open-Source-Welt bringt immer wieder neue Lizenzen hervor. Die Community reagiert darauf regelmäßig mit Forks – wie jüngst bei Redis.

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(Bild: Piyawat Nandeenopparit / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Golo Roden

Die Diskussionen um Open-Source-Software und deren Lizenzmodelle sind so alt wie das Konzept selbst, erleben jedoch immer wieder neue Höhepunkte, insbesondere wenn Anbieter beliebter und von vielen genutzter Software wie Redis ihr Lizenzmodell ändern. Der jüngste Vorstoß von Redis hat erneut die Diskussion ausgelöst, was "Open Source" (in diesem Fall für Redis) wirklich bedeutet.

Ein Kommentar von Golo Roden

Golo Roden ist Gründer und CTO von the native web GmbH. Er beschäftigt sich mit der Konzeption und Entwicklung von Web- und Cloud-Anwendungen sowie -APIs, mit einem Schwerpunkt auf Event-getriebenen und Service-basierten verteilten Architekturen. Sein Leitsatz lautet, dass Softwareentwicklung kein Selbstzweck ist, sondern immer einer zugrundeliegenden Fachlichkeit folgen muss. Bei heise Developer betreibt er einen eigenen Blog: the next big thing.

Dabei scheint mir ein Großteil der Debatte jedoch von einem grundlegenden Missverständnis geprägt zu sein: Für viele liegt der Wert von Open Source offenbar weniger in der philosophischen Freiheit ("free as in speech"), als vielmehr in der kostenfreien Verfügbarkeit ("free as in beer").

In der Praxis macht der Zugang zum Quellcode für die meisten Nutzerinnen und Nutzer im Alltag nämlich kaum einen Unterschied. Entscheidend wird es erst, wenn finanzielle Aspekte ins Spiel kommen – sobald für die Nutzung von Software Kosten entstehen, wird die Diskussion intensiver.

In diesem Kontext ist es kaum überraschend, dass Alternativen in Form von Forks entstehen. Als Reaktion auf die jüngste Ankündigung von Redis ist beispielsweise Redict entstanden – ein "unabhängiger, copyleft Fork" dessen Sourcecode der gemeinnützige deutsche Verein Codeberg e.V. hostet. Forks von Softwareprojekten sind ein bekanntes Phänomen und bieten eine Möglichkeit, auf Veränderungen wie Lizenzanpassungen zu reagieren. Doch die bloße Existenz eines Forks bedeutet noch lange nicht, dass dieser auch breite Anwendung findet oder gar das Originalprojekt in seiner Bedeutung übertrifft.

Tatsächlich gibt es nur wenige Beispiele, in denen Forks eine wesentliche Rolle in der Softwarelandschaft einnehmen, wie etwa MariaDB im Vergleich zu MySQL oder LibreOffice gegenüber OpenOffice. Noch seltener sind Fälle, in denen ein Fork letztlich wieder mit dem Ursprungsprojekt verschmilzt, wie es bei io.js und Node.js der Fall war.

In den meisten Fällen bleibt ein Fork jedoch einfach ein Fork – ein alternativer Entwicklungszweig, der keine signifikanten Auswirkungen auf das Originalprojekt oder den Markt hat.

Im Falle von Redis ist es besonders schwierig, die zukünftige Relevanz eines Forks abzuschätzen, denn Redis ist mehr als nur eine Datenbanktechnologie: Es ist ein umfassendes Ökosystem, unterstützt durch ein Unternehmen, das Marketing, Dokumentation und Support bietet.

Für Unternehmenskunden, die Wert auf diese Aspekte legen, ist es unwahrscheinlich, dass ein Fork – unabhängig von seiner Lizenz – eine relevante Alternative darstellt. Die Geschichte lehrt uns, dass die Übernahme von Forks eine Ausnahme und nicht die Regel ist.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation um Redis entwickeln wird, doch auf Grundlage bisheriger Erfahrungen scheint mir eine signifikante Veränderung durch einen neuen Fork eher unwahrscheinlich.

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