Datenschutz ist sexy, Datensammeln auch
Vor der internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten in Madrid haben Experten und Aktivisten konstatiert, dass das Thema zwar derzeit viel diskutiert wird, Unternehmen und Behörden aber weiterhin Daten anhäufen.
Datenschutz ist ein viel diskutiertes Thema in Politik und Öffentlicheit, Behörden und Unternehmen häufen aber weiterhin immer mehr Daten von Bürgern und Konsumenten an. Das haben Experten auf einer von der Koalition "Public Voice" veranstalteten Konferenz zum Datenschutz in Madrid angemerkt. Dort haben sich die Datenschutzexperten und -Aktivisten auf die am heutigen Mittwoch startende internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten vorbereitet, auf der sie auch ihre Erklärung zu globalen Datenschutzstandards übergeben wollen. Die Deklaration wurde laut Marc Rotenberg, Direktor des Electronic Privacy Information Center (EPIC), bereits von über 100 Organisationen und viele Regierungen unterschrieben.
"Datenschutz ist sexy geworden", sagte Willemien Bax vom europäischen Verbraucherschutz-Dachverband BEUC. Gleich mehrere EU-Kommissare hätten sich dem Thema zugewandt. Neben Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva interessiere sich auch Medienkommissarin Viviane Reding für die Technik, Werbe-Zielgruppen anhand des Online-Verhaltens der Nutzer zu identifizieren. Beide Kommissarinnen nehmen am BEUC-Forum zu diesem Thema in der kommenden Woche teil.
Ralf Bendrath vom AK Vorrat meint, Datenschutz müsse gar nicht trocken sein, das hätten die deutschen Aktivisten mit phantasievollen Aktionen gezeigt. Ausländische Beobachter sähen die Mobilisierung in Deutschland als Paradebeispiel für die gewachsene Aufmerksamkeit für den Datenschutz. Das Hauptziel – nämlich den Stopp der Vorratsdatenspeicherung – sei aber nicht erreicht worden, räumte Bendrath ein.
Über ähnlich schlechte Erfahrungen berichtete Meryem Marzouki von der französischen Organisation IRIS. 2008 waren zehntausende Franzosen gegen die von der Regierung geplante Datenbank "Edvige" aufgestanden und hatten deren Einrichtung erst einmal gestoppt. Edvige sollte unter anderem Informationen über die sexuelle Orientierung und Religion der Bürger enthalten. Im Oktober habe der französische Innenminister nun nachgelegt, berichtete Marzouki. Auch nach dem aktuellen Edvige-Entwurf sollen zum Ärger der Datenschützer Kinder ab 13 Jahren aufgenommen werden.
Datenbanken wie Edvige bezeichnete der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar als die größte Gefahr für Datenschutz und Privatheit. Anstelle der gezielten Überwachung von Verdächtigen erfasse sie lauter Personen, die keinerlei Gesetze gebrochen hätten. Bedenklich sind aus Sicht von Schaar auch Projekte wie das der Bremer Polizei, bei dem Objekte mit "künstlicher DNA" Objekte dauerhaft markiert und nachverfolgbar gemacht werden. Seine Sorge ist, dass solche Technik auch bei Menschen eingesetzt werden könnte.
Viele Vertreter betonten auf der Konferenz die Notwendigkeit globaler Regeln, auch da sich durch Technik wie Cloud Computing der Trend zu einem Datentransport über Grenzen fortsetze. Ein Vertreter der OECD kündigte ein Update der OECD-Datenschutzregeln zu deren 30. Jahrestag im kommenden Jahr an. Hierzu merkte Ann Cavoukian, Information & Privacy Commissioner von Ontario, an, statt globaler Datenschutzregeln für Unternehmen, die Heerscharen von Datenschützern zur Kontrolle erforderten, solle Datenschutz bei Diensten und Geräten von vornherein berücksichtigt werden. (anw)