20 Jahre eBay: Ohne dich wäre das Internet ärmer

Was steht noch zwischen Amazon und der Weltherrschaft? eBay, sagt c't-Redakteur Axel Kossel und richtet dem Onlinehandelsplatz seine ganz persönlichen Glückwünsche zum 20. Geburtstag aus.

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Kommentar zu eBay
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Axel Kossel
Inhaltsverzeichnis

Ich bin kein neutraler Laudator für eBays 20. Geburtstag. Seit ich vor rund 16 Jahren eine alte Spiegelreflexkamera ersteigert hatte, ließ mich die Online-Auktion nie mehr los. Alte Kameras zu kaufen, auszuprobieren und wieder zu verkaufen war ein schönes Hobby, zu dem ich ohne eBay nie gekommen wäre. Später konnte ich dann der raschen technischen Entwicklung der digitalen Fotografie folgen, weil es einen Marktplatz für die nach zwei Jahren schon völlig veraltete Ausrüstung gab. Außerdem begeistert mich bis heute die Breite des Angebots: sechs Nylonmuttern M3 oder eine CFK-Platte für den Quadcopter -- bei eBay wird man auf Anhieb fündig.

Ein Kommentar von Axel Kossel

Axel Kossel ist leitender Redakteur bei c't und beschäftigt sich seit Jahren mit Online-Diensten, Online-Bezahlen und E-Commerce. Eines seiner Spezialthemen ist zudem das vernetzte beziehungsweise autonome Auto.

Soviel zur privaten Seite, die berufliche sah etwas anders aus. Nachdem ich Ende 2004 als Experte in Stern TV in Bezug auf ein Sicherheitsproblem gegen eBay ausgesagt hatte, erklärte mich der Pressechef zur Persona non grata und meine folgenden Anfragen wurden nur zögerlich und unwillig beantwortet. Es sollte Jahre dauern, bis sich das Verhältnis normalisierte. Leider ist Kommunikation bis heute die schwache Seite von eBay. Darunter leiden vor allem Kunden, die Probleme haben. Sie müssen oft erst ein Bollwerk aus Standardantworten überwinden, ehe sich im Support jemand mit ihrem Fall auseinandersetzt.

Die Idee der Online-Auktion war im Oktober 1995 zwar nicht mehr neu, aber eBay hat von den ersten Schritten an vieles besser gemacht als andere. Dazu gehört etwa das Konzept, dass die Käufer meist gar nicht ihr geheimes Höchstgebot bezahlen, sondern nur das zweithöchste plus einen kleinen Aufschlag. Auch wenn Neukunden das Konzept des Bietagenten anfangs nicht immer verstehen, hat es sich als der perfekte Mechanismus für Online-Auktionen erwiesen.

eBay gelang es jahrelang der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein und das Konzept, den Einkauf zum Erlebnis zu machen, ging auf – ich habe jedenfalls beim "Snipern" viel Spaß gehabt. Früh wurde zudem der Sofortkauf eingeführt, der Händler von Neuware auf die Plattform lockte: Aus der Auktion wurde ein Marktplatz, auf dem Flohmarkt und Einkaufszentrum koexistierten.

Allerdings hat sich eBay auch böse Patzer geleistet. So brach jahrelang jeweils zur Zeitumstellung das Chaos aus, weil die Auktionen zum falschen Zeitpunkt endeten. Und jahrelang bekam man das Sicherheitsproblem durch JavaScript in Artikelbeschreibungen nicht in den Griff oder ignorierte XSS-Probleme. Noch frisch ist die Erinnerung an den Passwortgau 2014, als nach einem Hackerangriff 145 Millionen eBay-Mitglieder ihr Passwort ändern mussten.

Trotz der Probleme konnte sich eBay bis heute behaupten. Zu den größten Leistungen eBays zähle ich, dass dies ohne die Kostenlos-Brechstange gelang. Halten Sie mich ruhig für verrückt, aber ich ziehe ein verständliches Geschäftsmodell der im Internet üblichen Finanzierung durch Werbung vor. Sicher, auch ich teile meinen Gewinn nicht gerne mit einem Plattformbetreiber, der jede Verantwortung von sich weist.

Aber ich bin dennoch bereit für die Vermittlung eines Käufers zu bezahlen. Bei jeder Gebührenerhöhung ging ein Aufschrei durchs Netz, der das Ende von eBay vorhersagte, doch die Umsätze stiegen lange trotzdem. Heute bezahlt man sogar aufs Porto Provision und eBays wirtschaftliche Lage verschlechtert sich tatsächlich.

Die Trennung von PayPal läutet für eBay sicherlich eine schwierige Zeit ein. Ich wünsche jedenfalls viel Glück dabei, sie zu meistern. Denn ohne eBay wäre das Internet ärmer. Und es steht als eines der wenigen Hindernisse zwischen Amazon und der Weltherrschaft. (axk)