3GSM: Erfolgreiches Treffen in Barcelona

Der 3GSM World Congress 2007 ist mit einem Aussteller- und wahrscheinlich auch mit einem Besucherrekord zu Ende gegangen. Präsentiert wurden unter anderem Mobilfunksysteme der vierten Generation, die Datenraten von mehr als 100 MBit/s bieten sollen.

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Von
  • Rudolf Opitz

Der 3GSM World Congress, der 2007 zum zweiten Mal in Barcelona stattfand, ist zu Ende. Die Zahl der Besucher lag mit voraussichtlich 55.000 noch über dem letztjährigen Rekord von 50.000. Die angeschlossene Ausstellung entwickelt sich immer mehr zu der wichtigsten Leistungsschau der Mobilfunk-Branche: So streichen etwa Hersteller wie Nokia oder Motorola lieber ihren Auftritt bei der diesjährigen CeBIT, als in der katalonischen Metropole zu fehlen. Insgesamt kletterte die Zahl der Aussteller im Vergleich zu 2006 um gut 35 Prozent auf 1300. Von den mehr als 300 Vortragenden beim Kongress stehen nicht weniger als 120 als CEOs an der Spitze von Mobilfunk-Unternehmen, darunter so illustre Namen wie Arun Sarin (Vodafone) und der ehemalige T-Mobile- und neue Telekom-Chef Rene Obermann.

Diskutiert wurden außer der Erschließung neuer Märkte auch Themen wie der weitere Ausbau der Netze und die Entwicklung von Datendiensten wie HSPA und IMS, das IP-basierte Multimedia-Subsystem, oder die Einführung Web-basierter Mobildienste und Inhalte. Viele Anbieter setzen weiter auf Mobile-TV, doch rechnen viele Experten mittlerweile mit längeren Vorlaufzeiten. Viele vermuten, dass sich Fernsehen auf dem Handy erst gegen 2010 auf dem Massenmarkt durchsetzen wird.

Das mobile Fernsehsystem DMB aus Korea, das Debitel im Sommer 2006 in Deutschland eingeführt hatte, scheint dabei schon Geschichte zu sein: LG und Samsung präsentierten in Barcelona wie auch Nokia und Sagem zwar neue TV-Handys für das DVB-H-System, jedoch keine DMB-Geräte mehr. Viele Hersteller scheinen zunächst auf Internet-basierte Dienste zu setzen. Eine wachsende Zahl neuer Handys und Smartphones empfängt über den Datendienst HSDPA mehrere Megabits pro Sekunde – schnell genug für für MP3-Musik und Video-Streams in hoher Qualität. Leistungsfähige Video-Chipsätze und eine 3D-Oberfläche für Mobilgeräte stellte unter anderem Nvidia vor.

Nach Kamera und Musikplayer findet man nun auch GPS-Empfänger und Navigationssoftware zunehmend im Handy oder Smartphone. Speziell Nokia zeigte mit dem N95, dem neuen Communicator-Modell E90 und dem 6110 Navigator gleich drei Modelle mit GPS, weitere sollen in diesem Jahr folgen. Dabei setzt sich der Trend zu immer flacheren Handys, den vor allem Samsung mit seiner Ultra-Serie forciert, weiter fort. Viele Hersteller bauen zunehmend auf für bestimmte Einsatzgebiete spezialisierte Endgeräte wie Foto-, Musik- und Videohandys oder mobile E-Mail-Maschinen mit kleinen Qwertz-Tastaturen. Dabei scheinen sich die Entwickler zunehmend auch Gedanken über einfachere Bedienung zu machen. Das führt nicht nur – angeregt durch Apples iPhone – zu Handys mit Touchscreen; manche Geräte haben zwei Seiten mit unterschiedlichen Bedienelementen, eine zum Telefonieren und eine fürs Musikhören.

Auch die Netzausrüster und Provider stellten in Barcelona neue Produkte und Lösungen vor, wobei der Schwerpunkt von den Sprachdiensten weiter in Richtung Datendienste wandert. In Deutschland steht die zweite Ausbaustufe des UMTS-Dienstes HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) an, womit man künftig bis zu 3,6 MBit/s und 2008 sogar 7,2 MBit/s empfangen kann. Mit HSUPA (High Speed Uplink Packet Access) sollen Mobilgeräte zudem Daten mit bis zu 1,4 MBit/s versenden können. Eine erste HSUPA-fähige Funkmodem-Karte zeigte die kanadische Firma Sierra Wireless.

Das GSM-Netz hat dabei noch lange nicht abgedankt; nicht nur in puncto Sprachdienste stellt es für die Netzbetreiber ein wichtiges Backup-Netz dar, um die flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Zurzeit modernisieren T-Mobile und Vodafone ihre in die Jahre gekommenden Anlagen in großem Stil. Die aktuellen Anlagen der Zulieferer stellen außer dem älteren Paketdaten-Dienst GPRS auch die schnellere und sicherere EDGE-Variante EGPRS (Enhanced General Packet Radio Service) bereit, womit sich immerhin mehr als 200 kBit/s empfangen und 100 kBit/s versenden lassen – ein schnelles Fallback-Medium für Internet-Kunden, die sich nicht in UMTS-versorgten Gebieten befinden, zumal viele Handys und Datenkarten bereits EGPRS-fähig sind. T-Mobile hatte den GSM-Dienst bereits im Frühjahr 2006 gestartet, Vodafone zieht nun nach.

Der sukzessive Ausbau des UMTS-Netzes ist noch lange nicht abgeschlossen, da machen sich die Zulieferer schon Gedanken über die von den Netzen zu bewältigende Datenmenge, wenn mobile Internet-Dienste, IMS und Multimedia-Inhalte in großen Mengen genutzt werden. Als Lösung präsentieren sie bereits das Mobilfunksystem der vierten Generation, das bislang unter dem vorläufigen Namen Long Term Evolution (LTE) firmiert und mit Hilfe von noch besseren Modulationsverfahren, größeren Kanalbandbreiten sowie höheren Frequenzen 100 MBit/s und mehr übertragen soll. Ericsson führte auf der 3GSM bereits LTE mit 144 MBit/s vor. Fachleute sehen den Bedarf für ein weiteres Mobilfunksystem jedoch in den nächsten Jahren nicht gegeben, das UMTS-Netz verfüge noch über ausreichend Reserven. Den meisten Kunden reichen die verfügbaren Datenraten und machen sich eher über hohe Mobilfunk-Kosten Sorgen. Bevor der nächste Generationswechsel ansteht, müssen die Netzbetreiber für bezahlbares Mobil-Surfen sorgen. Erst dann hat das mobile Internet die Chance, zu einem allgemein genutzten Massenprodukt zu werden. (rop)