AOL -- Aktivposten Oder Luftnummern?

Der Online-Dienst AOL muss vielleicht zum wiederholten Male seine Bilanzen um Hunderte Millionen von US-Dollar korrigieren.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Der Online-Dienst AOL muss vielleicht zum wiederholten Male seine Bilanzen um Hunderte Millionen von US-Dollar korrigieren. Aktuell erregen Anzeigeneinnahmen aus Geschäften mit dem Arbeitsvermittler Monster.com und weiteren Geschäftspartnern die Aufmerksamkeit der US-Börsenaufsicht SEC. Insgesamt besteht der Verdacht, AOL habe seine Anzeigeneinnahmen um 190 Millionen US-Dollar schöngerechnet, um beim Zusammenschluss mit Time Warner besser auszusehen.

Nach Vermutungen der Börsenaufsicht sind die betreffenden Geldsummen gar nicht bewegt, sondern als Luftnummern nur auf jeweils beiden Vertragsseiten als Ein- und Ausgaben im Zusammenhang mit wechselseitigen Anzeigenkampagnen gebucht worden. Einer von AOLs damaligen Handelspartnern, der mittlerweile aufgekaufte Nahrungsmittel-Händler Drkoop.com, steht über den aktuellen Eigentümer Vitacost seinerseits in Konflikt mit AOL, weil der Internet-Konzern die Erfolgsaussichten der verkauften Anzeigen falsch dargestellt habe.

Wie die Washington Post berichtet, waren Hinweise auf die jüngsten Kritikpunkte "unter Millionen von Dokumentenseiten" vergraben gewesen, die AOL der SEC auf deren Anordnung hin vorgelegt hatte. Kein Wunder, dass AOL-Chef Richard D. Parsons in der Vergangenheit nicht ausschließen wollte, dass vielleicht noch weitere Buchhaltungsprobleme zu melden sein würden. Heute erklärte AOL-Sprecherin Tricia Primrose lammfromm: "Wir setzen unsere Bemühungen fort, im Rahmen von deren Untersuchungen mit der SEC zusammenzuarbeiten." Ob sie damit die Überlassung weiterer Akten-Sintfluten meint, war den Worten nicht zu entnehmen.

Bereits vor drei Wochen hatte die SEC entschieden, AOL habe Transaktionen mit Bertelsmann in Höhe von 400 Millionen US-Dollar fälschlicherweise als Umsatz ausgewiesen, obwohl es sich in Wirklichkeit um einen Nachlass des Kaufpreises für den Bertelsmann-Anteil an AOL-Europe gehandelt habe -- nicht die erste Unregelmäßigkeit in der Bilanzierung des Unternehmens.

Auch Time Warner hatte seine Zahlen im Umfeld des Mergers mit AOL geschönt -- allerdings mit subtileren Mitteln, und ohne die Werte später revidieren zu müssen. (hps)