AOL Time Warner zieht durch Namensänderung symbolischen Schlussstrich

Auch nach der Namensänderung sind die enormen Probleme allerdings noch längst nicht gelöst.

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Von
  • Peter Bauer
  • dpa

AOL Time Warner zieht mit der Änderung des Firmennamens in Time Warner Inc. einen symbolischen Schlussstrich unter die fehlgeschlagene Mammutfusion zwischen der weltgrößten Onlinefirma America Online und dem größten Medienkonzern Time Warner. Allerdings sind die enormen Probleme mit diesem Schritt in keiner Weise gelöst. AOL Time Warner sitzt immer noch auf einem riesigen Schuldenberg von 24 Milliarden US-Dollar (22 Milliarden Euro), den Konzernchef Dick Parsons bis Ende nächsten Jahres durch weitere Verkäufe von Einzelsparten auf 20 Milliarden US-Dollar reduzieren will. AOL leidet in seinem Hauptmarkt USA noch immer unter einem starken Kundenschwund und einem sehr schwachen Online-Anzeigenaufkommen. Die US-amerikanischen Ordnungshüter prüfen die Bilanzierungsmethoden und es gibt zahlreiche Aktionärsklagen.

Der Übernahme von Time Warner durch AOL im Januar 2001 für 112 Milliarden US-Dollar folgte ein dramatischer Werteverfall der Aktien um rund zwei Drittel ihres ursprünglichen Kurses auf 16,45 US-Dollar. Geht man aber bis zur ursprünglichen Ankündigung der Riesentransaktion zurück, dann wurden AOL und Time Warner damals gemeinsam mit 248 Milliarden US-Dollar bewertet. Jetzt sind die AOL-Time-Warner-Aktien insgesamt nur noch 74 Milliarden Dollar wert. AOL-Time-Warner hatte im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von 98,7 Milliarden US-Dollar verbucht, weil riesige Wertberichtigungen auf die überhöht in den Büchern stehenden AOL- und andere Vermögenswerte vorgenommen wurden.

Dabei war die Hochzeit von AOL und Time Warner auf dem Höhepunkt der Internet-Spekulationsblase angepriesen worden. Die Mediensparten von Time Warner sollten dem Onlinedienst AOL wertvolle Inhalte zukommen lassen und die rasant wachsende Online-Sparte sollte das bescheidene Wachstum der Magazin-, TV-, Film- und Musiksparten von Time Warner beschleunigen.

Inzwischen haben sich jedoch die traditionellen Mediensparten wie die Filmstudios Warner Bros. und New Line Cinema, Kabelfernsehsender wie TBS und CNN, Kabel-TV-Systeme wie Time Warner Cable, der riesige Magazinverlag Time sowie die Musikfirma Warner Music Group als die Wachstums- und Gewinnträger herausgestellt. Dagegen ist AOL ein schwacher Geschäftsbereich. Parsons denkt aber nicht an einen Verkauf der Online-Sparte.

Der ehemalige Time-Warner-Chef Gerald M. Levin und der frühere AOL-Boss Stephen M. Case hatten den Zusammenschluss ausgeheckt. Levin wurde bei AOL Time Warner Konzernchef und Case Verwaltungsratsvorsitzender. Sie sind inzwischen wie alle ehemaligen AOL-Spitzenleute aus dem Management verschwunden. Case sitzt allerdings noch als einfaches Mitglied im Verwaltungsrat. Parsons hat die Alleinführung übernommen, und alle Spitzenleute in der Konzernspitze stammen von Time Warner.

Vor diesem Hintergrund sind der geplante Namenswechsel von AOL Time Warner zurück in Time Warner und die geplante Änderung des Aktiensymbols von "AOL" in das alte Time-Warner-Aktienzeichen "TWX" verständlich. Die unter dem Internet-Piratentum leidende Musiksparte Warner Music soll entweder mit der Bertelsmann-Musiksparte BMG oder mit der britischen Musikfirma EMI zusammengeführt werden. Parsons will bei einem Börsengang für die Kabelsystem-Sparte Time Warner Cable zwei Milliarden US-Dollar hereinholen. Er hat bereits Vermögenswerte von rund drei Milliarden US-Dollar veräußert. (Peter Bauer, dpa) / (anw)