Sabotage an Nord Stream: Spuren in die Ukraine erhärten sich offenbar

Monate nach dem Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 tappen die Ermittler noch im Dunkeln. Sie vermuten aber eine Beteiligung mehrerer Ukrainer.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 534 Kommentare lesen

Anschlag auf Nord Stream: Der Gasaustritt in der Ostsee im September 2022

(Bild: Schwedische Küstenwache)

Lesezeit: 3 Min.

Bei den Ermittlungen zu den Sprengstoffanschlägen auf die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 erhärtet sich offenbar der Verdacht, dass die Täter aus der Ukraine kommen. Mehrere europäische Medien berichten nach gemeinsamen Recherchen über die Fortschritte in der Aufklärung des schweren Sabotageakts, der am 26. September 2022 verübt wurde. Eine bewusst ausgelegte falsche Spur halten die Ermittler angeblich für eher unwahrscheinlich. Deutschland, Schweden und Dänemark ermitteln unabhängig voneinander. Die neuen Erkenntnisse beziehen sich auf die Ermittlungen in Deutschland.

Dreh- und Angelpunkt der Operation in der Ostsee soll eine Briefkastenfirma in Warschau namens Feeria Lwowa gewesen sein, die 2016 gegründet wurde. Recherchen führten zu ukrainischen Staatsbürgerinnen. Die Firma mietete in Deutschland eine Yacht namens Andromeda an, die Anfang September von Rostock aus in See stach. Auf dem Schiff, das über Zwischenstationen in Wiek auf Rügen und die dänische Insel Christiansø in auffällige Nähe der Explosionsorte nahe der dänischen Insel Bornholm gelangte, wurden später Sprengstoffspuren auf einem Tisch gefunden.

Die fünf Männer und eine Frau seien mit einem weißen Transporter mit polnischem Kennzeichen angereist. Zwei der Männer hatten offenbar gefälschte rumänische und bulgarische Reisepässe. Die Spuren führen in die Ukraine, zu einem 26-jährigen Soldaten der ukrainischen Streitkräfte und einem weiteren Mann aus der Nähe von Odessa.

Bei dem Anschlag im September sind beide Stränge der Pipeline Nord Stream 1 sowie einer von zweien der Pipeline Nord Stream 2 schwer beschädigt worden. Die Pipelines waren für den Gastransport zwischen Russland und Deutschland gebaut worden. Nord Stream 1 war von Russland bereits im Sommer außer Betrieb gesetzt worden. Nord Stream 2 erhielt bis zum Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine keine Betriebsgenehmigung, war aber aus technischen Gründen mit Gas befüllt. Infolge der Zerstörungen traten erhebliche Mengen Methan aus.

Laut den Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR, WDR, Expressen (Schweden), frontstory.pl (Polen) und Berlingske (Dänemark) geht die Generalbundesanwaltschaft, die im Oktober 2022 die Ermittlungen in Deutschland übernommen hat, von staatlichen Akteuren aus. Zu den Urhebern der Tat gibt es unterschiedlichste Theorien. Russland bezichtigte wechselweise Großbritannien und die USA. Zuletzt nährten Beobachtungen russischer Schiffe den Verdacht, dass Russland selbst die Leitungen gesprengt haben könnte. Als erstmals bekannt wurde, dass eine Spur in die Ukraine führt, wurde das von dort vehement bestritten.

Laut den Medienberichten gibt es bis heute kein Rechtshilfeersuchen an die Ukraine. Dies könnte aus kriminaltaktischen Gründen so erfolgt sein. Es wird aber auch über einen politischen Hintergrund spekuliert, weil eine Beteiligung der Ukraine das Verhältnis der Verbündeten gegen Russland beschädigen könnte.

(mki)