Atomkraft: Finanzminister für "unideologische" Diskussion über AKW-Laufzeiten

Christian Lindner (FDP) zeigt sich offen für Diskussionen über AKW-Laufzeitverlängerungen. Auch der bayerische Ministerpräsident hat sich wieder geäußert.

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Atomkraftwerk an der Isar.

(Bild: Preussenelektra)

Lesezeit: 3 Min.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner zeigt sich offen für eine Diskussion über die Verlängerung der Laufzeiten von deutschen Atomkraftwerken. "Es ist eine Debatte, für die ich offen bin, denn wir müssen unideologisch über Fragen der Energieversorgung sprechen." Es gehe um Bezahlbarkeit und um die Einsparung von CO₂-Emissionen, da würden viele Menschen neu denken.

Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat sich ebenso aktuell wieder in die Diskussion eingeschaltet. Via Twitter schrieb er, wegen drohender Stromlücken brauche es neben dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien auch als Sicherheitsreserve bis mindestens Anfang 2024 eine befristete Verlängerung der Atomkraft.

Lindner meinte in der ARD-Fernsehsendung Maischberger (ab 20:41), "wir haben sichere Kernkraftwerke, allerdings ist es eine Debatte, die man sich nicht zu einfach machen kann". Fraglich sei, woher der Brennstoff für die Atomkraftwerke komme, manche Weltregionen nicht unproblematisch. Für die Zukunft hatte Lindner bereits im Januar dieses Jahres der Atomkraft insgesamt eine Absage erteilt.

Söder erläuterte in einem Tweet, "allein die drei zum Jahresende auslaufenden Kernkraftwerke liefern Strom für 10 Millionen Haushalte". Es sei zum "Schaden der Bürgerinnen und Bürger, wenn die Bundesregierung jetzt den Stecker zieht". Das bayerische Umweltministerium und der TÜV Süd hätten bestätigt, dass der sichere Weiterbetrieb möglich sei. Details dazu gab Söder nicht bekannt; die Süddeutsche Zeitung hatte Anfang dieses Monats in Erfahrung gebracht, das von den Freien Wählern geführte Umweltministerium und der TÜV Süd hätten Gutachten vorliegen, laut denen ein Weiterbetrieb von Isar 2 möglich sei.

In Deutschland sind zurzeit noch drei Atomkraftwerke im Betrieb, Isar 2 in der Nähe von Landshut (Bayern) sowie die Reaktoren im Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für das Boulevardblatt "Bild" befürworteten 50 Prozent der Befragten, die Atomkraftwerke angesichts der aktuellen Energiekrise länger laufen zu lassen. 35 Prozent wollten dies nicht. Neue AKW bauen lassen wollten 33 Prozent, 53 Prozent sprachen sich dagegen aus.

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CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits im Februar 2022 gefordert, ideologiefrei über neue Kernenergie nachzudenken. Dabei hatte er SMR, sogenannte Mini-AKW im Sinn. Das von den Grünen geführte Bundesumweltministerium kommentierte seinerzeit dazu gegenüber heise online: "Gerade wer für sich in Anspruch nimmt, nicht ideologiegetrieben auf Fragen der Energieversorgung zu blicken, muss sich offen und ehrlich den Problemen und ihren Ursachen stellen." Politische Versäumnisse und Blockaden hätten den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausgebremst, die Atomkraft stecke weiterhin voller ungelöster Probleme. "Atomkraftwerke sind auch nach über sechs Jahrzehnten weiter Hochrisikoanlagen und auf der ganzen Welt ist noch kein Endlager für hochradioaktive Abfälle in Betrieb."

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat in einem Gutachten den Stand der SMR-Technik untersucht, erläuterte es gegenüber heise online. "Die Technik ist weit entfernt von einem kommerziellen Betrieb. Um weltweit dieselbe elektrische Leistung zu erzeugen wie mit heutigen AKW, müssten zudem viele tausend bis zehntausend SMR-Anlagen gebaut werden." Beim klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung könnten sie daher keine Lösung darstellen. Auch seien mit der vermeintlich neuen Technik weder das Sicherheits- noch das Abfallproblem vom Tisch.

Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)

Seit März 1984 ist Block C des AKW im bayerischen Gundremmingen in Betrieb. Block A war von 1967 bis 1977 in Betrieb. Der 1984 ans Netz gegangene Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet, Block C – ebenfalls 1984 in Betrieb genommen – folgte Ende 2021. (Bild: kkw-gundremmingen.de)

(anw)