Auf dem Prüfstand: der Plus-/4MBO-Schnäppchen-PC

Ab kommenden Montag offeriert der Lebensmitteldiscounter Plus einen PC, der die Modelle von Aldi, Lidl und Co. In den Schatten stellen soll. Wir haben ihn ausführlich getestet.

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Von
  • Georg Schnurer


Am Montag (30. 9.) offeriert der Lebensmitteldiscounter Plus einen PC, der die Modelle von Aldi, Lidl und Co. in den Schatten stellen soll. Das "Volks-PC" getaufte Gerät für 999 Euro schlug bereits im Vorfeld hohe Wellen: Möglicherweise um der Konkurrenz eins auszuwischen, startete Plus die Werbekampagne für den Rechner bereits vor einer Woche. Interessenten konnten das Gerät im Plus-Online-Shop schon mal vorbestellen. Diese Möglichkeit nutzten so viele Kunden, dass das Online-Kontingent, mit dessen Auslieferung auch ab Montag begonnen werden soll, bereits nach kurzer Zeit ausverkauft war. Doch keine Sorge, der PC kommt noch in ausreichender Stückzahl in die Plus-Filialen, wie uns zugetragen wurde. Zusätzlich zu diesen Geräten soll sich Plus auch noch eine Notreserve für eventuelle Nachbestellungen gesichert haben. Damit sollte dann eigentlich jeder, der sich am Montag früh auf den Weg zu Plus macht, einen Volks-PC ergattern können.

Doch lohnt es sich wirklich, für den Volks-PC am Montag extra früh aufzustehen? Wir haben uns kurz vor Verkaufsbeginn ein Gerät besorgt und es durch den üblichen c't-Testparcours für Komplettsysteme gejagt.

Die Ausstattung des Systems kann sich durchaus sehen lassen: Der AMD-Prozessor Athlon XP 2200+ (1,8 GHz) steckt in einer OEM- Version des Asus-Boards A7V8X mit VIAs KT400-Chipsatz. Im Unterschied zur Retail-Version verfügt diese speziell für 4MBO gefertigte Version nicht über den sonst üblichen RAID-Controller und das Serial-ATA-Interface (S-ATA). Festplatten und andere IDE-Geräte werden hier nur über die beiden vom Chipsatz bereitgestellten ATA133-Ports angesteuert. Ein weiterer Unterschied betrifft den verwendeten LAN-Chip. Auf dem 4MBO-Board sitzt ein 10-/100-MBit-Ethernetcontroller von Broadcom (BCM4401), wogegen sich das Original-Board oft mit einem Gigabit-Chip aus gleichem Hause (BCM5702) schmückt.

Schnittstellen und Schalter

Beide Versionen verfügen über sechs USB-2.0-Ports. Bei der 4MBO-Variante sind allerdings nur jeweils zwei Ports an der Geräterückseite und -front herausgeführt. Die verbleibenden zwei USB-Ports sind intern verdrahtet, wobei an einem der an der Frontseite zugängliche Card-Reader (CF/MD, Memory-Stick, CD/MMC) hängt. Eine interessante Abweichung gegenüber dem Original betrifft eine im Handbuch nicht dokumentierte Schalterreihe. Mit dieser lässt sich die externe Taktfrequenz des Prozessors unabhängig von den im BIOS vorgenommenen Einstellungen auf einen festen Wert setzen. Welche Schalterstellung für welche Taktrate zwischen 100 und 230 MHz zuständig ist, erfährt man durch einen Aufdruck auf dem Board. 4MBO hat den externen CPU-Takt fest auf die für den Prozessor spezifizierte Rate von 133 MHz (FSB266) gesetzt. Das vermeidet Probleme, wenn nichts ahnende Anwender versuchen, das System via BIOS-Setup zu übertakten und so das Leben von CPU und Hauptspeicher in Gefahr bringen. Nicht vorhanden ist die Schutzschaltung für den AGP-Steckplatz, die beim Original verhindern soll, dass veraltete 3,3-Volt-AGP-Karten das Board gefährden. Das Fehlen dieser für Selbstbauer sehr sinnvollen Schutzschaltung ist bei Komplett-PCs zu verschmerzen, weil der Hersteller ja schon eine geeignete Grafikkarte eingebaut hat.

Weitere On-Board-Komponenten sind die üblichen PC-Schnittstellen (2 x seriell, Parallelport, PS/2-Tastatur- und Mausanschluss), ein 5.1-Soundinterface mit S/P-DIF-Ein- und -Ausgang sowie ein IEEE-1394-Interface (FireWire) mit drei Ports. Einer davon ist leicht zugänglich an der Gerätefront untergebracht, zwei weitere befinden sich jeweils im Standard- und in Mini-Format an der Rückseite.

Insgesamt sind die für den Volks-PC vorgenommenen Änderungen am A7V8X sinnvoll. Mit einem Gigabit-Netzwerk könnten die meisten Heim-PC-User ebenso wenig anfangen wie mit einem RAID-Controller und den S-ATA-Ports. Hier Kosten zu sparen, ist also durchaus legitim.

Keine Kosten hat der Hersteller dagegen beim der Qualität des Hauptspeichers gescheut – und das ist gut so. Im System werkeln zwei 128 MByte große Original-DDR333-Module von Samsung mit 2,5-3-3-Timing. Auf den Einsatz von werbewirksamen, aber eben nicht wirklich schnellerem DDR400-Speicher hat 4MBO glücklicherweise verzichtet. Auf gute Qualität legte der Hersteller auch beim Netzteil wert. Das Seasonic-Modell SS-300FS liefert nicht nur eine Maximalleistung von 300 Watt, sondern verfügt auch über eine funktionierende PFC-Schaltung und einen recht leisen Lüfter.

Ruhige Grafik

Bei der Grafikkarte wählte der Hersteller mit der V9180 von Asus einen Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Lärmentwicklung. Auf der Karte sitzt Nvidias neuer GeForce4-MX440-8X-Chip, den 4MBO als GeForce4 MX468 bezeichnet. Der 3D-Beschleuniger arbeitet mit einem internen Takt von 275 MHz und ist damit 5 MHz flotter als ein normaler MX440. Der mit 3,6-ns-BGA-Chips bestückte 64 MByte große Grafikspeicher wird mit 256 MHz betrieben, beim nicht AGP8X-fähigen MX440 waren es noch 56 MHz weniger. Der Chip ist passiv gekühlt, was mit schnelleren GeForce4-Ti-Versionen nicht mehr so ohne weiteres möglich wäre. Die verwendete Asus-Karte bietet zwei VGA-Ausgänge, die den Parallelbetrieb von zwei Analog-Displays mit guter Darstellungsqualität erlauben. Zusätzlich gibt es noch je einen Composite- uns S-Video-Ein- und Ausgang, die mit Hilfe einer mitgelieferten Adapterbox nutzbar sind. Die 3D-Leistung des Systems kann sich durchaus sehen lassen. Beim 3DMark2001SE ermittelten wir 5968 3DMarks, Quake III lief bei 1024 x 768 Bildpunkten und hoher Detailtiefe und Darstellungsqualität mit stattlichen 150,5 Frames pro Sekunde. Damit dürfte der Rechner allen aktuellen Spielen ebenso gewachsen sein wie den zu Weihnachten erwarteten Neuerscheinungen.

Auch bei üblichen Büroanwendungen schlug sich der Rechner hervorragend. Der BAPCo SySMark 2002 bescheinigte ihm sehr gute 181 Punkte (Internet: 215, Office: 151), beim Renderer PovRay 3.5 ermittelten wir 359 PPS und der Cinebench2000 mit Cinema4D lieferte beim Shading via OpenGL 32,7 Wertungspunkte. Dass das System auch als Programmierstation gute Dienste leistet, bestätigt unser Kompilationstest des Mozilla-Codes mit MS-C++. Dafür benötigte der Volks-PC knapp 14 Minuten. Andere Supermarkt-PCs brauchen hier schon gerne mal 5 bis 10 Minuten länger. Das gute Abschneiden in diesem Test verdankt das System nicht zuletzt der verwendeten IBM-Festplatte (IC35L080AVVA07-0, 80 GByte, 7200 UPM, ATA100). Sie erreicht beim Lesen eine Dauertransferrate von 31,6 MByte/s und beim Schreiben immerhin noch 28,2 MByte/s.

Das eingebaute DVD-Laufwerk von Artec (DHM-G48, 16X/48X) erledigte das Einlesen einer Audio-CD fehlerfrei im Mittel mit einer Geschwindigkeit von 23,4X; der CDRW-Brenner (Artec WRR-4048, 40X/12X/48X) erledigte die selbe Aufgabe mit 35,4X. Leider dröhnt er dabei mit einem maximalen Lärmpegel von 8,5 Sone (52,8 dBA). Abgesehen von diesem Ausrutscher ist der Volks-PC von Plus aber durchaus ein stiller Geselle. Im Normalbetrieb kommt er bei einem Messabstand von 25 cm gerade mal auf 1,9 Sone (34,7 dBA). Unter Volllast steigert sich die Geräuschentwicklung auf immer noch recht leise 2,5 Sone (37,8 dBA). Beim Festplattezugriff maßen wir bis zu 3,6 Sone (41,9 dBA). Damit ist der 4MBO-Rechner gerade im Vergleich zu anderen Supermarkt-PCs ein echter Leisetreter – wir erinnern uns, der letzte Aldi-PC erzeugte schon im Normalbetrieb einen Krawall von bis zu 5,1 Sone (47,7 dBA).

Funk an Bord

Der besondere Knüller des Volks-PCs ist die integrierte WLAN-Karte (GL2422VP, max. 22 Mbps). Mit ihr lässt sich der Rechner schnell und einfach in ein vorhandenes Funknetz integrieren. Aber Vorsicht: in der Vorkonfiguration des Rechners sind alle Scheunentore weit geöffnet. Damit kann letztlich jeder, der sich mit einem WLAN-tauglichen Gerät in Reichweite des Rechners befindet, auf alle freigegebenen Ressourcen des Systems zugreifen. Wer den PC also in einem Funknetz verwenden will, sollte die Sicherheitseinstellungen unverzüglich auf das eigene Netzwerk anpassen. Mit Hilfe des beigelegten Handbüchleins ist das allerdings nur erfahrenen Anwendern möglich, da sich dieses über die Bedeutung der verschiedenen Parameter eines Funknetzwerks weitgehend ausschweigt. Wer kein Funknetz betreibt, sollte die Karte im Gerätemanager deaktivieren. Das verhindert zuverlässig das Eindringen Unbefugter in den Rechner über Funk. Zudem steigert diese Maßnahme die Leistung des Systems, da der Rechner dann nicht stets nach einem in Reichweite befindlichen WLAN sucht.

Ebenfalls ein Novum für einen Supermarkt-Rechner sind die mitgelieferte kabellose Maus und Tastatur (27-MHz-System). Beide haben eine Reichweite von gut drei Metern, was komfortables Arbeiten auch in größerem Abstand zum Rechner ermöglicht. Das eingebaute 56k-Modem von Smart-Link dürfte dagegen nur all jene erfreuen, die nicht bereits via ISDN oder DSL im Internet surfen. Bleibt noch zu erwähnen, dass der Volks-PC mit der Home-Edition von Windows XP ausgeliefert wird. Zur weiteren Software-Ausstattung gehört die MS-Works-Suite 2002, Norton AntiVirus 2002, Nero Burning ROM OEM und Cyberlinks Bildbearbeitungsprogramm PowerDirector 2.1 SE. Auf dem Rechner vorinstalliert ist zudem die T-Online-Internetsoftware in der Version 4.0 über die man 50 Stunden kostenlos surfen kann, wenn man denn einen Vertrag mit T-Online abschließen mag. Voreingestellt als Startseite ist übrigens Bild-Online, die als Kooperations- und Werbepartner von Plus auftreten.

Gibt es also gar nichts am Volks-PC von Plus auszusetzen? Nun, dem ist leider nicht so. Unser Testsystem erreichte uns mit im BIOS abgeschaltetem S3-Stromsparmodus. Der Rechner schaltete sich deshalb beim Eintritt in den Standby-Modus nicht vollständig ab, was unnötig viel Energie verbraucht. Wir ermittelten hier eine Leistungsaufnahme von stattlichen 90,6 Watt, das ist nur geringfügig weniger als im Normalbetrieb (99,8 Watt, Volllast: 119 bis 126 Watt). Aktiviert man via BIOS-Setup den S3-Modus, so reduziert sich die Leistungsaufnahme im Standby-Modus auf umweltfreundlichere 5,4 Watt. Im ausgeschalteten Zustand (Soft-Off) liegt der Restenergiebedarf bei 4,1 Watt. Mit dem Hauptschalter an der Rückseite des Geräts lässt sich der Rechner aber auch vollständig abschalten.

Linux-tauglich?

Uns was ist mit Linux? Zu guter Letzt gingen wir auch noch dieser Frage nach. Die Version 8.0 von Suse-Linux ließ sich ohne Probleme installieren. Die Grafikkarte wurde zwar zunächst nicht erkannt, nachdem der von NVidia bereitgestellte Treiber via RPM eingespielt war, konnten wie sie aber nutzen. Ähnlich erging es uns auch mit dem Soundchip. Erst ein Treiberupdate von Suse brachte das System zum Klingen. Wer eine andere Linux-Distribution verwendet, muss stattdessen Alsa 0.9RC3 einspielen. Weniger Erfolg hatten wir mit dem Netzwerkchip von Broadcom. Für das Modell BCM4401 fanden wir keinen geeigneten Linux-Treiber, dasselbe gilt für die WLAN-Karte. Ähnlich erging es uns mit den USB-Schnittstellen. Sie waren zwar als USB-1.1-Ports nutzbar, nicht aber als 2.0-Ports. Hier gilt es wohl auf die Kernel-Version 2.4.20 zu warten. Die FireWire-Ports wurden dagegen auf Anhieb erkannt. Leider funktionierte auch der Festplattenzugriff nicht so flott wie möglich, da die Aktivierung des UDMA-Modus nicht klappte. Abhilfe soll hier aber ein Patch schaffen. Angesichts der doch recht zahlreichen Hürden empfiehlt sich der Volks-PC damit nur für erfahrene und experimentierfreudige Linux-Anhänger.

Wer mit Windows XP glücklich ist, dem bietet der ab Montag bei Plus für 999 Euro angebotene Rechner aber ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Das gilt insbesondere dann, wenn man die mitgelieferte WLAN-Karte auch nutzen möchte. Wer sein Funknetz erst aufbauen will, sollte auch mal einen Blick auf den zeitgleich bei Plus für 149 Euro verkauften WLAN-Acces-Point mit integriertem Router werfen. (gs)