Berlin: Glasfasernetz für die Gropiusstadt

Im Berliner Bezirk Neukölln verlegt die Degewo zusammen mit Vattenfall, Ericsson und der QSC ein Glasfasernetz für über 4000 Wohnungen in der von Walter Gropius gebauten Trabantenstadt.

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In der Berliner Gropiusstadt sollen rund 4300 Haushalte bis Sommer 2012 an ein Glasfasernetz angeschlossen werden. Bei dem Projekt, das am Montag in Berlin vorgestellt wurde, arbeiten die für die Trabantenstadt im Süden der Hauptstadt zuständige Wohnungsbaugesellschaft Degewo, der Energieversorger Vattenfall, der Netzausrüster Ericsson und der Netzdienstleister QSC zusammen. Dabei wollen die Netzpartner Erfahrungen mit dem Open-Access-Netzmodell sammeln. Das Glasfasernetz soll offen für Drittanbieter sein, die ausgewählten Haushalte sollen zwischen verschiedenen Diensteanbietern im Netz wählen können.

Die Kosten des Projekts belaufen sich den Angaben der Projektpartner zufolge auf rund 4 Millionen Euro. Die trägt hauptsächlich der Energieversorger Vattenfall, dessen Telekommunikationstochter in Deutschland einen Glasfaserbackbone betreibt und als Hauptinvestor auftritt. Öffentliche Fördermittel soll es nicht geben. Aufbau und Betrieb des Anschlussnetzes in der Gropiusstadt übernimmt Ericsson. Dabei würden die Glasfaserleitungen im Rahmen der laufenden Sanierungsarbeiten der Wohngebäude der Degewo verlegt, erläuterte ein Sprecher der Wohnungsbaugesellschaft. Für die Verlegearbeiten könnten so die Versorgungsstränge in den Gebäuden genutzt werden.

[Update: Ericsson liefert die aktiven und passiven Netzkomponenten, ist darüber hinaus als Generalunternehmer für alle Installationsarbeiten tätig und betreibt das Zugangsnetz auf der Layer 2 Bitstromebene. Anders als bei den Glasfaser-Ausbauprojekten der Deutschen Telekom, die auf die GPON-Technik (Gigabit Passive Optical Network) setzt, kommt hier eine Punkt-zu-Punkt-Topologie (PtP) mit jeweils separaten Fasern zwischen dem Central Office und den einzelnen Teilnehmeranschlüssen zum Einsatz.]

Blick über die Gropiusstadt.

(Bild: Bernard Ladenthin/Wikimedia Commons)

Für die Integration verschiedener Diensteanbieter auf dem Netz sorgt die Kölner QSC. "Aufgabe ist es, die kommerzielle Nutzung von Glasfaser-Anschlüssen für alle Beteiligten einfacher und effizienter zu machen", sagt QSC-Vorstand Arnold Stender. Der Netzzugang auf Bitstrom-Basis kann den Anforderungen der Diensteanbieter angepasst werden. Konkrete Pläne gebe es bisher mit 1&1, sagte eine QSC-Sprecherin, betonte dabei aber das Open-Access-Prinzip: Jeder der will, kann auf das Netz. Auch mit anderen Anbietern führt das Unternehmen bereits erste Gespräche.

Die ersten Wohnungen sollen nach Angaben der Degewo bereits in einigen Wochen so weit sein. Zu den ersten Anlagen, die ans Netz gehen, gehöre das Hochhaus am Joachim-Gottschalk-Weg, sagte der Sprecher. In etwa einem Jahr solle dann der gesamte Wohnungsbestand der Degewo zwischen Wutzkyallee und Zwickauer Damm angeschlossen sein. Dabei erhalten rund 2700 Haushalte einen Glasfaseranschluss direkt in der Wohnung (FTTH), die restlichen mehr als 1500 Wohnungen werden über einen Hausanschluss (FTTB) und interne Kupferverkabelung angebunden.

Der Anschluss ist in den Wohnungskosten enthalten. Zusätzliche Kosten fallen für Mieter nur an, wenn sie Verträge mit einem Diensteanbieter schließen. Im Rahmen des Glasfaserprojekts Gropiusstadt können die Mieter zunächst zwischen Bandbreiten von 50 oder 100 MBit/s im Download bei jeweils 10 MBit/s (up) wählen. Technisch sind auch andere Bandbreiten machbar, die Verfügbarkeit hängt von den Angebot der Service-Provider ab.

Die Gropiusstadt ist eine Trabantensiedlung an der südlichen Stadtgrenze im Berliner Bezirk Neukölln. Der von dem Architekten Walter Gropius geplante Wohnkomplex mit 18.500 Wohnungen wurde zwischen 1962 und 1970 gebaut und zählt heute zu den sozialen Brennpunkten der Hauptstadt. Mit der Veröffentlichung einer Artikelserie im Magazin Stern sowie dem Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" im Jahr 1978 wurde die Siedlung als Wohnort der Protagonistin Christiane F. über die Berliner Stadtgrenze hinaus bekannt. (vbr)