Bit-Rauschen: Intel bestellt Chips bei TSMC für 14 Milliarden US-Dollar

Intel baut neue Chip-Fabs, kauft aber groß in Taiwan zu. ARM grämt sich über zu geringe Lizenzgebühren und in Frankreich befürchtet man den Atos-Ausverkauf.

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Der taiwanische Börsenanalyst Andrew Lu schätzt, dass Intel bis 2025 zum zweitgrößten Kunden von TSMC nach Apple aufsteigen könnte. 2024 bestellt Intel demnach für 4 Milliarden US-Dollar bei TSMC, vor allem 3-Nanometer-Chiplets für den für Ende 2024 geplanten Mobilprozessor Lunar Lake. 2025 könnte Intel dann sogar 10 Milliarden an TSMC überweisen. Erst wenn die neuen Intel-Fabs in Oregon und Magdeburg ab 2026 und 2027 laufen, hat Intel ausreichend eigene Fertigungskapazität für die feinsten Strukturen und will dann wieder besser sein als TSMC.

Zu Lunar Lake sind Vorabinformationen an die Öffentlichkeit gelangt, laut denen der Prozessor Apples M3 verblüffend ähnelt. Demnach will Intel nicht nur CPU-, GPU- und I/O-Chiplets auf einem Träger vereinen, sondern wie beim M1/M2/M3 auch LPDDR5-RAM. Vor Lunar Lake starten aber erst einmal Meteor und Arrow Lake. Beim Erscheinen dieser c’t-Ausgabe sollen erste Meteor-Lake-Notebooks im Handel sein, in Europa aber wohl erst ab 2024. Dann erwarten mehrere Marktforscher, dass der schwächelnde PC-Markt wieder wächst, auch dank neuer AMD- und Intel-Chips mit KI-Einheiten.

Der Amazon-AWS-Experte Jeff Barr zeigt den von Amazon selbst entwickelten Serverprozessor Graviton4 mit 96 ARM-Kernen.

(Bild: Amazon AWS)

Apples CPU-Kerne sind zwar ARM-kompatibel, bekanntlich entwickelt sie Apple aber selbst und bezahlt daher für eine Architekturlizenz an ARM. Angeblich verdient ARM daran nicht viel, im Mittel fließen wohl nur rund 30 US-Cent pro iPhone-, iPad-, MacBook-, iMac- und Watch-Chip. Diese Schätzung beruft sich zwar auf anonyme Quellen, doch ARM hatte sich bereits öffentlich über seine mageren Einnahmen beklagt, wodurch es schwierig sei, die teure Fortentwicklung der ARM-Kerne zu finanzieren.

Gute Nachrichten für ARM gibt es bei Serverprozessoren. Denn Amazon AWS hat seinen hausgemachten 96-Kerner Graviton4 fertig, der wie der 72-Kerner Nvidia Grace die aktuelle ARMv9-Technik Neoverse V2 nutzt. Außerdem legt 2024 auch der Microsoft’sche 128-Kerner Cobalt-100 (Neoverse N2) los. Ferner der 192-Kerner Ampere One mit selbst entwickelten ARM-Kernen, die besonders stark sein sollen. Ampere verspricht im Vergleich zum 128-Kerner AMD Epyc 9754S "Bergamo" rund 45 Prozent mehr Leistung in der In-Memory-Datenbank Redis sowie höhere Energieeffizienz.

Nicht nur in Deutschland wird kritisiert, dass wichtige Unternehmen in die Hände ausländischer Investoren geraten. Der Hamburger Hafen verkauft Anteile an die schweizerische MSC, Viessmann seine Wärmepumpensparte an den US-Konzern Carrier Global. In Frankreich geht es um den IT-Konzern Atos (ehemals Atos Origin), bei dem der tschechische Milliardär Daniel Křetínský über die von ihm kontrollierte Investitionsfirma EP Equity Investment (EPEI) aus Luxemburg einsteigen will.

Atos ist ein Leuchtturm der französischen IT-Branche und stand von 2008 bis 2019 unter der Leitung von Thierry Breton, dem heutigen EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen. In seine Amtszeit fiel die Übernahme der Firma Bull, deren "Sequana"-Rechner eine Reihe der europäischen Top500-Supercomputer antreiben. Auf Bull-Rechnern laufen aber auch Atomwaffensimulationen für die "Force de Frappe", der Stolz des französischen Militärs. Atos arbeitet zudem für andere Regierungsorganisationen unseres Nachbarlandes.

Atos steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, weil unter anderem das IT-Outsourcing-Geschäft nicht mehr gut läuft. 2022 beschloss man die Aufspaltung; die Bull-Sequana-Supercomputer liegen nun bei der Sparte Eviden. In die ebenfalls neue Sparte Tech Foundations soll frisches Geld der erwähnten EPEI fließen. Kritiker befürchten daher zu großen Einfluss von Křetínský auf Atos. In Deutschland hat Křetínský von Vattenfall Kraftwerke und Braunkohletagebaue in der Lausitz gekauft und möchte die Hälfte der Stahlsparte von Thyssen Krupp übernehmen.

Als EU-Kommissar betont Thierry Breton oft, dass Europa kritische Industriebereiche stärken muss; er befürwortet etwa auch die Subventionen für die Ansiedelung neuer Halbleiterwerke. Denn letztlich stammen die Chips für hiesige (Super-)Computer vorwiegend von US-Unternehmen, die viele davon in Taiwan fertigen lassen. Immerhin soll 2024 der Europaprozessor Rhea1 im Jülicher Jupiter loslegen – allerdings mit ARM-Kernen aus Cambridge, Entwicklungsdienstleistungen aus Indien und produziert von TSMC.

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(ciw)