Breitbandausbau geht rasch voran: Der Anfang vom Ende von DSL

In diesem Jahr sinkt die Anzahl der Kupferkabel-Anschlüsse erstmals in Deutschland. Der Datenhunger treibt die Nachfrage nach Gigabit-Tarifen.

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(Bild: ChiccoDodiFC/Shutterstock.com)

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Von
  • Torsten Kleinz
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Dank dem gestiegenen Interesse von Privatinvestoren geht der Ausbau von Anschlüssen mit hoher Bandbreite in Deutschland rapide voran: Mittlerweile können 38,1 Millionen und damit drei Viertel aller Haushalte in Deutschland zumindest theoretisch einen Gigabit-Anschluss buchen, wie der Branchenverband VATM in einer aktuellen Marktstudie ermittelt hat, die am Mittwoch in Köln vorgestellt wurde. Verlierer ist demnach die DSL-Technik: Die Zahl der Anschlüsse nahm in Jahresfrist um 300.000 auf 25,1 Millionen ab. Damit hat die auf Kupferkabel basierende Technik allerdings immer noch einen Marktanteil von zwei Dritteln.

Ein Gewinner sind Glasfaser-Anschlüsse: Nach den Statistiken des Branchenverbandes wurden innerhalb des Jahres 3,8 Millionen neuer Anschlüsse hinzugefügt und damit 12,3 Millionen erreicht. Tatsächlich genutzt werden davon allerdings bisher nur 3,4 Millionen.

Während die Deutsche Telekom bei ihren Glasfaser-Projekten relativ wenige Vertragsabschlüsse erreichen, verweisen die Konkurrenten auf vergleichsweise hohe Buchungszahlen von circa 30 Prozent in ihren Netzen. Das liegt aber auch daran, dass viele Privatanbieter nur dann ausbauen, wenn sie bereits vor Baubeginn eine Mindestquote von Vertragsabschlüssen erreichen.

Als Übergangstechnologie hat sich das TV-Kabel inzwischen fest etabliert. Nach VATM-Zählung sind 25,8 Millionen Haushalte mit DOCSIS 3.1-Technik ausgestattet und damit prinzipiell gigabitfähig. Der Anteil der tatsächlich gebuchten Anschlüsse liegt bei 9,2 Millionen, also bei über 35 Prozent.

Die von Dialog Consult erhobenen Zahlen zeigen aber auch: Der Ausbau ist immer noch sehr ungleich verteilt: So sind mittlerweile 6,4 Millionen Haushalte sowohl mit TV-Kabel als auch mit Glasfasernetz ausgestattet, aber nur 5,9 Millionen Glasfaseranschlüsse sind dort gebaut worden, wo bisher allenfalls DSL zur Verfügung stand. Ob die Haushalte diese Auswahl tatsächlich nutzen können, liegt auch an der Immobilienbranche und den Hausbesitzern.

Der inzwischen angelaufene Ausbau führt zu einer kuriosen Situation: Viele Anbieter wünschen sich weniger staatliche Gelder. VATM-Präsident David Zimmer begrüßte deshalb den Stopp der Förderung für das Jahr 2022: "Alle Unternehmen arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen", erklärte Zimmer. Die Provider konkurrieren mittlerweile mit anderen Bauvorhaben wie der Straßenerneuerung und können keine neuen Kapazitäten zum Tiefbau mehr in Gang setzen. Das heißt, dass eine höhere Nachfrage nicht zu einem wesentlich erhöhten Ausbautempo, aber zu erhöhten Preisen führt.

Die mittlerweile schwindenden Traum-Renditen von IT-Konzernen sorgen dafür, dass immer mehr Investoren Telekommunikationsnetze mit ihren verlässlichen Umsätzen als attraktive Geldanlage sehen. Derzeit stehen derzeit laut VATM 50 Milliarden Euro an Investorengeldern aus dem Ausland für den Netzausbau in Deutschland zur Verfügung. Diese Investoren wollen nicht durch staatliche Projekte beim Wettbewerb um Baukapazitäten und Arbeitskräfte ausgestochen werden. Deshalb habe der "Förder-Tsunami" sogar lähmende Effekte, erklärte Zimmer: Im Gegensatz zu rein privatwirtschaftlichen Ausbau müssten Kunden unter anderem wegen der komplexen Bürokratie bis zu drei Jahre länger warten.

Deshalb plädiert der Verband dafür, dass staatliche Förderung ausschließlich nur in Gebieten eingesetzt wird, in denen bisher noch keine Anschlüsse mit 100 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen und für die es auf mehrere Jahre keine Pläne für den Privatausbau gebe. Gleichzeitig müssten die Genehmigungsprozesse endlich fundamental verschlankt werden. "Ein E-Mail-Versand von PDF-Dateien ist keine Digitalisierung“, mahnte Zimmer bei der Pressekonferenz an. Teilweise seien 30 verschiedene Genehmigungen für einen Ausbau notwendig. Diese Zahl wollen die Provider durch ein einheitliches Genehmigungsverfahren senken.

Die Kunden können sich unterdessen bereits auf Preissteigerungen gefasst machen: "Die steigenden Energiepreise und Betriebskosten sowie die hohe Inflationsrate betreffen auch unsere Branche", sagte Zimmer. Gleichzeitig mahnt der Verbandspräsident auch auf eine Priorisierung von Telekom-Infrastrukturen bei Notfallplänen. Sollte es zu Energieabschaltungen kommen, müssten Telekommunikationsnetze ausgenommen werden, da sonst die gesamte Infrastruktur gefährdet sei.

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Die Endverbraucher machen sich inzwischen auch mit den neuen Angeboten vertraut, der Datenhunger steigt. Pro Breitbandanschluss werden laut Dialog Consult mittlerweile im Schnitt 274,4 Gigabyte übertragen, ein Plus von 18,7 Prozent. Bei Mobilfunkanschlüssen stieg die Zahl auf 5,7 Gigabyte pro Monat. Dabei sind nur 10,4 Prozent der persönlichen SIM-Karten derzeit 5G-fähig.

Im Festnetz greifen die deutschen Endverbraucher gerne auf die höchsten verfügbaren Bandbreitenangebote zurück; 2,2 Millionen Haushalte haben Verträge mit einer Bandbreite von mindestens einem Gigabit pro Sekunde. Die Mehrheit der Deutschen gibt sich aber noch mit deutlich weniger zufrieden: So sind 6,1 Millionen gigabitfähige Anschlüsse mit Bandbreiten von maximal 250 Megabit pro Sekunde gebucht worden.

Von diesen Angeboten können aber abgelegenene Haushalte nur träumen: Laut Statistik haben 1,6 Millionen Kunden einen Tarif mit Bandbreiten unter 6 Megabit pro Sekunde gebucht, weitere 4,4 Millionen kommen auf maximal 16 Megabit pro Sekunde. Diese Haushalte haben laut VATM in der Regel keine Auswahl, sondern sind an das Kupferkabel gebunden.

(mho)