Britische Hackarazzi-Affäre zieht ihre Kreise

In Großbritannien sind nun drei offizielle Untersuchungen zu einer Enthüllungstory der Zeitung "The Guardian" aufgenommen, nach denen möglicherweise hunderte Prominente im Auftrag von Blättern des News-Corp.-Konzerns bespitzelt wurden.

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Nach den Enthüllungen über Hacker, die im Auftrag britischer Boulevard-Blätter möglicherweise in die Mobiltelefone von hunderten prominenter Personen eingedrungen sind, laufen nun drei offizielle Untersuchungen an. Sie sollen die Umstände der Ermittlungen aufklären, die im Jahr 2007 zur Verurteilung eines Reporters des News-Corp.-Blattes News of the World geführt haben.

Keir Starmer, Direktor der Ermittlungsbehörde Crown Prosecution Service (CPS), die seinerzeit involviert war, beteuert in einer Mitteilung, er habe keinen Anlass zum Zweifel an den Ermittlungsergebnissen aus seinem Haus. Angesichts der neuen Beschuldigungen habe er aber angeordnet, dass der Fall neu aufgerollt wird. Allerdings bekomme es sein kleines Team mit einer komplexen Materie zu tun. Der britische Sender BBC berichtet, der Ausschuss für Kultur, Medien und Sport des Unterhauses werde sich ebenso wie die britische Presse-Selbstkontrolle Press Complaints Commission (PCC) mit der Affäre befassen.

Die britische Zeitung The Guardian hatte diese Woche berichtet, dass im Zusammenhang mit der Strafverfolgung des Reporters Clive Goodman wichtige Informationen, die vor allem die Opfer von Spähaktionen betreffen, offenbar zurückgehalten wurden. Goodman sowie sein Auftragnehmer, der Privatdetektiv Glen Mulcaire, wurden 2007 dafür verurteilt, in die Mobiltelefone von Bediensteten des Königshauses eingedrungen zu sein und Sprachnachrichten abgehört zu haben. News International, das Dach über den Zeitungen News of the World, The Sun und The Times, hatte dies als einen Einzelfall dargestellt, der auch nicht offiziell abgesegnet worden sei. Laut The Guardian hatte die News Corp. aber 1 Million Pfund Schweigegeld gezahlt, um Opfer von Abhöraktionen zu beschwichtigen. Insgesamt könnten bis zu 3000 Personen betroffen sein, hieß es.

John Yates, stellvertretender Commissioner von Scotland Yard, sieht das nicht so und auch keinen Anlass, die Ermittlungen neu aufzurollen, da es keine neuen Beweise gebe. Die 2005 zusammen mit dem CPS und betroffenen Mobilfunkanbietern aufgenommenen Ermittlungen hätten ergeben, dass es Goodman und Mulcaire potenziell auf hunderte Personen abgesehen haben könnten; nach der Beweislage tatsächlich betroffen gewesen seien aber nur wenige – und diese seien auch benachrichtigt worden. Nach Einschätzung britischer Beobachter könnte der CPS auf Scotland Yard Druck ausüben, die Ermittlungen neu aufzunehmen. Yates Stellungnahme lasse auch keine Rückschlüsse darauf zu, dass es keine kriminellen Aktionen größeren Ausmaßes gegeben habe.

Unterdessen haben sich erste Prominente um rechtlichen Beistand bemüht, zitiert die BBC den Rechtsanwalt Mark Stephens. Eine Person habe sich bei ihm gemeldet, die vom Guardian als betroffen angegeben wurde, eine andere vermute, belauscht worden zu sein. Die Zeitung berichtet außerdem, bei der illegalen Überwachung des Fußballverbandschefs Gordon Taylor seien auch Nachrichten der englischen Fußballgrößen Sir Alex Ferguson und Alan Shearer abgegriffen worden, die sie auf dessen Telefon hinterlassen hatten. Taylor habe die News Corp. verklagt und 700.000 Pfund erhalten unter der Bedingung, den Fall vertraulich zu halten. Laut BBC ist unter den 75 Betroffenen, die von der Polizei als Opfer von Mulcaires Aktionen identifiziert wurden, auch Rebekah Wade, bisher Chefredakteurin der Sun, einer Schwesterzeitung von News of the World, die ebenfalls von Spitzelaktionen profitiert haben soll. Wade sei seinerzeit informiert worden, habe aber rechtliche Schritte abgelehnt.

Die beschuldigte News Corp. schreibt in einer Mitteilung, sie werde durch Verpflichtungen zur Vertraulichkeit davon abgehalten, detailliert auf die Vorwürfe des Guardian einzugehen. Seit Anfang 2007 arbeite der Konzern mit seinen Journalisten und Partnerunternehmen daran, dass diese sich streng an die gültigen Gesetze und die PCC-Maßgaben halten. (anw)