Bürgerrechtler gehen gegen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung lediglich eingeschränkt hat, setzen die Bürgerrechtler den Hebel beim Europäischen Gerichtshof an, um die zugrundeliegende EU-Richtlinie für nichtig erklären zu lassen.

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43 Bürgerrechtsorganisationen und Berufsverbände aus elf EU-Mitgliedsstaaten haben den Europäischen Gerichtshof aufgerufen, die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für unvereinbar mit den Grundrechten erklären zu lassen. Dabei beziehen sie sich auf eine im Jahr 2006 gegen die Richtlinie erhobene Nichtigkeitsklage Irlands. Neben den darin genannten formellen Gründen sehen die Bürgerrechtler einen Verstoß "gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz, das Grundrecht auf unbefangene Meinungsäußerung und das Grundrecht der Betreiber auf Eigentumsschutz", heißt es in einer Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, der den Schriftsatz mit unterzeichnet hat.

Eine Vorratsdatenspeicherung könne nur in wenigen und meist wenig bedeutsamen Fällen den Rechtsgüterschutz verbessern, heißt es in der Mitteilung. Eine dauerhafte Auswirkung auf das Kriminalitätsrisiko sei hingegen nicht zu erwarten. Die Bürger müssten aber ständig befürchten, dass ihre Kommunikationsdaten zu einem späteren Zeitpunkt zu einer falschen Verdächtigung führen oder von staatlicher oder privater Seite missbraucht werden könnten. Daher gefährde die Vorratsdatenspeicherung die unbefangene Kommunikation der gesamten Gesellschaft.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatte im Februar über 34.000 Klageschriften gegen die zum 1. Januar eingeführte Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dieses schränkte im März in einer Eilentscheidung die zugrundeliegende Novelle der Regelungen zur TK-Überwachung ein. Telekommunikationsfirmen müssen demnach zwar Verbindungs- und Standortdaten der Nutzer verdachtsunabhängig sechs Monate vorhalten. Sicherheitsbehörden dürfen darauf aber nur zur Verfolgung schwerer Straftaten zugreifen.

Die Aussetzung der Speicherung selbst lehnte das Gericht einstweilen mit der Begründung ab, das Risiko sei zu hoch, "im Eilverfahren über die Entscheidungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache hinauszugehen und das Gemeinschaftsinteresse an einem effektiven Vollzug des Gemeinschaftsrechts schwerwiegend zu beeinträchtigen". Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geht davon aus, dass der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie noch in diesem Jahr für nichtig erklären wird. Damit würde der Weg frei für einen Stopp der verdachtslosen Erfassung des Kommunikationsverhaltens selbst, erklärt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(anw)