Bundesdruckerei zeigt sich gewappnet für neue Reisepässe

Die für die Ausfertigung der ePässe zuständige Firma erwartet einen erfolgreichen Start der Ausgabe der neuen Generation der Reisedokumente mit zwei Fingerabdrücken vom morgigen Donnerstag an.

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Die vor sieben Jahren privatisierte Bundesdruckerei geht davon aus, dass die Ausgabe der neuen Generation von Reisepässen mit zwei Fingerabdrücken problemlos über die Bühne gehen wird. "Wir sehen dem Start der zweiten Phase am 1. November mit großer Sicherheit entgegen", erklärte der Chef der Firma, Ulrich Hamann, unmittelbar vor dem Stichtag in Berlin. Zuversichtlich stimmt ihn vor allem, dass in den vergangenen Wochen und Monaten "zahlreiche Testläufe unternommen" und allesamt positiv verlaufen seien. Zudem sei schon vor einem Jahr die Einführung der ersten Phase des ePasses mit digitalem Gesichtsbild als biometrischem Merkmal "komplett reibungslos" verlaufen. Vor einem Monat hatte es bei den Technikern der Bundesdruckerei noch feuchte Hände vor der umfangreichen Umstellung des Passvefahrens gegeben. Inzwischen scheint der Optimismus aber gesiegt zu haben.

Vom morgigen Donnerstag an ändert sich der Antragsprozess für Reisepässe deutlich. Die Mitarbeiter der rund 6000 Meldestellen in Deutschland müssen dann von jedem Passbezieher nach einem exakt festgelegten Verfahren zwei Fingerabdrücke aufnehmen und in den Antrag integrieren. Die Bilder der Körpermerkmale werden in Folge ausschließlich auf einem kontaktlos auslesbaren Chip im Reisedokument gespeichert, die Muster bei der Bundesdruckerei vernichtet. Zugleich wird das gesamte Verfahren digitalisiert. So können die Passbehörden ihre Anträge dann nur noch elektronisch an die Bundesdruckerei nach Berlin schicken.

Für die Erfassung der Fingerabdrücke hat die Bundesdruckerei den Meldestellen Fingerabdruck-Scanner von Crossmatch und Dermalog Identification Systems zur Verfügung gestellt. Gegen die zuletzt genannte Hamburger Firma hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg laut Medienberichten ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung indonesischer Beamter im Zuge der dortigen Einführung elektronischer Pässe eingeleitet. Dem Vernehmen nach wurde die Untersuchung auf Veranlassung der indonesischen Antikorruptionsbehörde KPK (Komisi Pemberantasan Korupsi) eröffnet. Die Bundesdruckerei äußert sich laut einer Sprecherin allerdings grundsätzlich nicht über ihre Geschäftspartner. Man verweist vielmehr darauf, dass die korrekte Nutzung der Hard- und Software in ausführlichen Schulungsmaterialen erklärt worden sei. Außerdem seien für die Mitarbeiter der Passbehörden gesonderte Informationsveranstaltungen durchgeführt worden.

Die Antragsdaten werden nach Angaben des Konzerns auf verschlüsseltem Weg per OSCI-Transport-Standard (Online Services Computer Interface) an ihn gesendet. Dafür seien gesonderte Datenleitungen aufgebaut und in eine neue Hard- und Software investiert worden. Auf Basis von OSCI stelle man Module für die Authentifizierung der Kommunikationsteilnehmer und die Integrität und Vertraulichkeit der Daten zur Verfügung. Eine große Herausforderung ist es dabei Hamann zufolge gewesen, "die notwendigen Technologien in die extrem heterogenen IT-Landschaften der Behörden zu integrieren und auch kurzfristig sich verändernde Vorgaben zeitgerecht umzusetzen".

Zugleich verweist der Bundesdruckerei-Chef darauf, dass hierzulande weltweit einmalig flächendeckend das EAC-Verschlüsselungsverfahren (Extended Access Control) nach EU-Standard zum Schutz der Fingerabdrücke vor unerwünschten Auslesen zum Einsatz komme. Die Chipdaten könnten so nur von Lesegeräten ausgelesen werden, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein entsprechendes Berechtigungszertifikat erhalten. Dafür sorge eine von der Bundesdruckerei bereitgestellte "Publik Key"-Infrastruktur (PKI). Jedes Lesegerät müsse bei einem biometrischen Pass der zweiten Generation ein Zertifikat darüber online und abhörsicher abfragen. Interessierten Bürgern werde angeboten, sich den Inhalt des Chips auf ihrem Reisepass beim Abholen auf einem speziellen Gerät, dem so genannten ePass-Leser, anzeigen zu lassen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erklärte anlässlich der Umrüstung, dass "die Fingerabdrücke so einzigartig wie der Mensch selbst sind. Sie helfen uns, Kriminellen technologisch einen Schritt voraus zu sein". Es solle nicht mehr gelingen, mit gefälschten Pässen in den gemeinsamen europäischen Schengenraum einzureisen. Biometrieunterstützte Kontrollen würden möglich und auch den Missbrauch echter Pässe durch unberechtigte, dem Dokumenteninhaber ähnlich sehende Personen verhindern. Durch die Digitalisierung der Passbeantragung würden sich zudem die Wartezeiten verkürzen. Morgen will der CDU-Politiker zudem eine Videobotschaft auf der Website ePass.de zum Thema veröffentlichen.

Der Chaos Computer Club (CCC) warnte dagegen vor kurzem unisono mit anderen Sicherheitsexperten vor wahrscheinlichen Problemen bei der Abnahme der Fingerabdrücke und Sicherheitslücken bei den zum Einsatz kommenden Funkchips. Die Hacker fürchten den Start eines "Risikoexperiments an der Bevölkerung" mit der Einführung einer Variante der "erkennungsdienstlichen Behandlung" auf den Meldestellen. Der Sicherheitsgewinn durch das IT-Großprojekt sei dagegen nicht messbar. Im Sommer hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion um Bundestag noch erklärt, es habe seit 2000 kaum Fälschungen von deutschen Pässen gegeben, auch seien keine deutschen Ausweise von Terroristen benutzt worden. Angesichts von Bedenken über ungewollte Datenverluste nicht nur in Hackerkreisen bietet die Passbehörde in Lübeck als erste Meldestelle eine Alu-Schutzhülle zum Preis von 6 Euro für den ePass an.

Kurz vor Einführung der neuen ePässe hat das Innenministerium gesondert auf Änderungen für Kinderpässe hingewiesen. Demnach ist die Eintragung eines Kindes in den elterlichen Pass künftig nicht mehr möglich. Gesonderte Kinderreisepässe würden für eine Gültigkeitsdauer von sechs Jahren ausgestellt. Für Kinder und Jugendliche von 12 Jahren an gäbe es normale ePässe. Für Kinder und Jugendliche unter 12 Jahren könnten auf Wunsch der Eltern auch bereits vollständige elektronische Reisepässe ausgestellt werden. Fingerabdrücke würden allerdings erst ab dem 6. Lebensjahr aufgenommen.

Zum ePass, dem neuen elektronischen Personalausweis und den Auseinandersetzungen um Ausweise mit digitalisierten biometrischen Merkmalen siehe den Online-Artikel in c't – Hintergrund:

(Stefan Krempl) / (jk)