Bundestag: Internetausschuss muss sich Bedeutung erst erkämpfen

Schwarz-Rot hat sich in der Koalitionsrunde darauf verständigt, den zunächst aufgeschobenen ständigen Bundestagsausschuss fürs Internet und die Digitale Agenda (AIDA) Mitte Februar einzusetzen. Er soll aber nur beratend tätig sein.

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Nach langem Hin und Her bekommt das Parlament im kommenden Monat nun doch noch ein festes Gremium für die Netzpolitik. Es soll nach der jetzt erfolgten Absprache der großen Koalition seine Arbeit rund vier Wochen nach der Einrichtung der bereits 22 bestehenden Bundestagsausschüsse aufnehmen.

Der Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, stellte aber klar, dass der Netzausschuss nicht federführend tätig sein werde. Ihm wird also vor allem eine beratende Funktion zuteil, während die konkrete Gesetzesarbeit in den anderen parlamentarischen Gremien gemacht wird.

Der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek begrüßte die Übereinkunft trotz dieses Geburtsfehlers. "Das bietet die Chance für den Ausschuss, am Problem entlang zu diskutieren und nicht nur auf Gesetzesinitiativen einzelner Ministerien zu reagieren", erklärte Jarzombek gegenüber heise online. "Die Federführung werden wir uns dann erkämpfen müssen." Netzpolitik habe im Bundestag nach wie vor etwas pionierhaftes an sich. Dies sei ähnlich wie bei der Umweltpolitik vor einigen Jahrzehnten, als der dafür zuständige Ausschuss sich seine Bedeutung auch erst habe erarbeiten müssen. Zudem könne das Rad in künftigen Legislaturperioden nach dem Schritt auch kaum mehr zurückgedreht werden.

Das Vorschlagsrecht für den Vorsitz des AIDA-Gremiums hat die Union. Sie hat sich auf den brandenburgischen CDU-Abgeordneten Jens Koeppen verständigt, der damit als gesetzt gilt. Der 51-jährige Elektrotechniker war in der vergangenen Wahlperiode Obmann der Union in der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" und hatte sich dafür eingesetzt, die Arbeit der Institution mit einem einschlägigen Hauptausschuss zu verstetigen. Zunächst war auch unter anderem der frühere Vorsitzende der Enquete-Kommission, Axel E. Fischer, als Leiter auch des Nachfolgegremiums im Gespräch.

Koeppen kündigte gegenüber der Berliner Zeitung an, die Netzpolitik weiter "aus der Nische rausholen und entideologisieren" zu wollen. Es dürfe nicht sein, "dass der Nerd gegen den Internetausdrucker steht". Auch sonst müssten die Debatten über die Netzregulierung von ihrem vorherrschenden "Schwarz-Weiß-Muster" wegkommen. Es gebe auch Graustufen, etwa beim Datenschutz. Auf Twitter unterstrich Koeppen, dass der Ausschuss keine reine Quasselbude werden solle. Ein entsprechendes Gremium hat ihm zufolge "immer Zuständigkeiten, egal ob mitberatend oder federführend".

Die Opposition glaubt dagegen nicht, dass die Ausschussmitglieder große Impulse geben können. Der grüne Netzpolitiker Konstantin von Notz sprach von einer Farce, da schon auf Regierungsebene das Problem "zerfaserter Zuständigkeiten" rund um die Digitale Agenda blieben. Auch Petra Sitte, parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, fürchtet, dass das Gremium ein "zahnloser Tiger" bleibe.

Im Bundeskabinett geht der Kompetenzstreit rund um die Netzpolitik derweil munter insbesondere zwischen dem CSU-geführten Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie dem Bundeswirtschaftsministerium weiter, das in SPD-Hand ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor Weihnachten festgesetzt, dass dem Verkehrsressort aus dem Wirtschaftsministerium neben der Zuständigkeit für die Breitbandstrategie auch die Bereiche Telekommunikationswirtschaft und -recht übertragen werden sollen.

Dem Vernehmen nach möchte das Wirtschaftsressort aber trotzdem weiter etwa über das umstrittene Thema Netzneutralität wachen, wozu es vor den Wahlen bereits Verordnungsentwürfe vorgelegt hatte. Daneben mischt das Innenministerium bei der Digitalen Agenda mit und hat dazu am Dienstag einen ersten Dialog mit Experten aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Medien durchgeführt. Auch das Justizressort beackert etwa mit Verbraucheraspekten zu Datenschutz, der geplanten Vorratsdatenspeicherung oder dem Urheberrecht netzpolitische Kernthemen. (jk)