Energiekrise: CDU/CSU will Erdgas-Verstromung stoppen, AKW-Laufzeiten verlängern

Der Bundestag stimmt am heutigen Donnerstag darüber ab, ob und wie die Erdgas-Verstromung ersetzt werden soll. CDU und CSU bringen die Option Atomkraft mit ein.

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Eigentlich soll das Atomkraftwerk Neckarwestheim Ende 2022 vom Netz gehen. CDU und CSU wollen das verhindern.

(Bild: EnBW)

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Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion meint, Deutschland sei angesichts möglicher Erdgas-Versorgungslücken ohne Atomkraft nicht ausreichend auf den kommenden Winter vorbereitet. Deshalb hat sie zur heutigen Abstimmung über einen Gesetzentwurf "zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor" zwei Änderungsanträge eingebracht und will darüber namentlich abstimmen lassen. Möglicherweise werden neben Abgeordneten der AfD auch welche der FDP dafür stimmen, die Atomkraft in die Krisenversorgung einzubeziehen.

Mit dem von der Koalition vorgelegten Gesetz, über das der Bundestag am späten Donnerstagabend abstimmen wird, soll das Energiewirtschaftsgesetz befristet so geändert werden, dass Strom mit zusätzlichen Kapazitäten aus Stein- und Braunkohle sowie mit Mineralöl produziert werden darf. Dafür sollen Kraftwerke genutzt werden, die zurzeit nur eingeschränkt verfügbar sind, demnächst stillgelegt würden oder in Reserve stehen. Durch diese zusätzlichen Kapazitäten soll die Stromerzeugung in Gaskraftwerken so weit wie möglich ersetzt werden können, um Erdgas einzusparen.

"Die Stromproduktion mittels Gaseinsatz muss unmittelbar gedrosselt werden", schreiben CDU und CSU. Angesichts der im Winter drohenden Notlage dürfe jetzt auf keine sichere Option verzichtet werden. Kohle sei als Gaskompensation nicht alternativlos, neben Biogasanlagen könne auch die Atomkraft einen zusätzlichen Beitrag zur Kompensation der Gasverstromung leisten.

Es stelle sich die Frage, "ob wirklich inmitten des Winters, in dem nach Einschätzung der Bundesregierung selbst eine Energie-Notlage drohen kann, die letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke abgestellt werden sollen", heißt es in dem Entschließungsantrag der Fraktion. Der Grundsatzbeschluss zum Ausstieg an der Kernenergie bleib genauso richtig wie jener zur Beendigung der Kohleverstromung. "Aber angesichts der drohenden Notsituation darf zur Abwendung einer Mangellage in dieser Krise auf bestehende Kapazitäten, die sicher erzeugt werden können, nicht verzichtet werden."

Die zurzeit drei letzten noch laufenden Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 sollen Ende dieses Jahres abgeschaltet werden. Im ersten Quartal dieses Jahres trugen sie 6 Prozent zu der in Deutschland eingespeisten Strommenge bei.

Neben der oppositionellen CDU und CSU hat die FDP als einzige Regierungspartei zumindest nicht ausgeschlossen, die Laufzeiten der AKW zu verlängern. CDU/CSU monieren nun, die Bundesregierung habe anders angekündigt die Option AKW-Laufzeitverlängerung nicht ergebnisoffen geprüft. "Unabhängige Untersuchungen des TÜV Süd lassen den Schluss zu, dass ein Weiterbetrieb rechtlich und sicherheitstechnisch möglich ist", schreibt die Fraktion in ihrem Entschließungsantrag. Es müsse nun entschieden werden, "wird die Entscheidung auf den Herbst vertagt, dann ist es zu spät, um rechtzeitig die notwendigen Vorbereitungen zu treffen".

Weiter fordern CDU und CSU in dem Antrag, nicht erst mit einer eventuellen Notfallstufe des Notfallplans Gas Anreize zum Energiesparen zu setzen, sondern schon jetzt. In der Industrie könne dies geschehen mit "umgekehrten Auktionen", private Haushalte könnten Energiespargutscheine bekommen.

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Die AfD meint in ihren Änderungsanträgen zu dem Gesetzesvorhaben, "CO₂-Emissionen sind kein Bewertungsmaßstab für technische und wirtschaftliche Prozesse, zudem gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für einen maßgeblichen Einfluss auf das Weltklima durch vom Menschen verursachte CO₂-Emissionen". Die angeblichen Beeinträchtigungen durch einen vom Menschen verursachten Klimawandel beruhten auf unbelegten, einseitig ausgelegten hypothetischen Annahmen. Außerdem will die AfD, dass Atomkraft in Deutschland weiter betrieben wird.

Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)

Seit März 1984 ist Block C des AKW im bayerischen Gundremmingen in Betrieb. Block A war von 1967 bis 1977 in Betrieb. Der 1984 ans Netz gegangene Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet, Block C – ebenfalls 1984 in Betrieb genommen – folgte Ende 2021. (Bild: kkw-gundremmingen.de)

(anw)