Copyright: Buchverlage und Internet Archive schlagen gemeinsam Urteil vor

Die Online-Bibliothek des Internet Archive verletzt Copyright. Was daraus folgt, hat die Organisation mit den klagenden Verlagen ausgehandelt. Berufung möglich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 9 Kommentare lesen
Regal mit vielen Büchern und einem kleinen Vogelhaus auf dem obersten Regalbrett

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Vier große Verlage und das Internet Archive haben einen gemeinsamen Vorschlag für ein Urteil gegen das Internet Archive eingereicht. Es ist Folge einer im März ergangenen Gerichtsentscheidung, wonach die E-Book-Bibliothek des Internet Archive das Copyright der Verlage verletzt. Die Streitparteien haben sich darauf verständigt, wem das Internet Archive welche Bücher (nicht mehr) in elektronischer Form zur Verfügung stellen darf. Hinzu kommt eine Geheimvereinbarung über Finanzielles.

Letztere dient vor allem dazu, langen, teuren Streit über Zahlungen für erfolgte Copyrightverletzungen sowie das Tragen der Prozesskosten zu vermeiden, sollten die Kläger sich am Ende juristisch durchsetzen. Kläger in dem Verfahren sind die Verlage Hachette, HarperCollins, John Wiley & Sons sowie das zu Bertelsmann gehörende Penguin Random House. Gemeinsam mit dem beklagten Internet Archive haben sie dem US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York (Az. 20-cv-04160) am Freitag ihre Vorschläge unterbreitet. Das Gericht muss diese noch genehmigen.

Etwas ungewöhnlich ist, dass das Internet Archive nicht auf das Recht auf Berufung gegen die Gerichtsentscheidung aus dem März verzichten muss. Die Vereinbarungen werden also im Kern nur schlagend, wenn das Internet Archive schlussendlich verliert und die Feststellung, es habe Copyright verletzt, rechtskräftig wird.

Laut Urteilsvorschlag dürfte das Internet Archive keine Bücher mehr online zur Verfügung stellen, an denen die klagenden Verlage Copyright haben oder kontrollieren, sofern sie das jeweilige Buch kommerziell zum Kauf oder zur Lizenzierung anbieten – hier konnten sich die Streitparteien allerdings nicht darauf einigen, ob der Verkauf als gedrucktes Buch ausreicht, um das Werk der Bibliothek des Internet Archive zu entziehen, oder ob es auch in elektronischer Form auf dem Markt sein muss.

Darüber soll das Gericht entscheiden. Außerdem möchte der Branchenverband AAP (Assocation of American Publishers), dass das Internet Archive die Bedingungen auf Bücher aller Verlage des Verbands anwendet, nicht nur auf Bücher der vier klagenden Unternehmen. Im Gegenzug bietet AAP an, keine weiteren Klagen hinsichtlich der bisherigen Online-Bibliothek zu finanzieren.

Ausgenommen von dem Verbot ist die Bereitstellung für Blinde und stark Sehschwache, die Bereitstellung mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der Rechteinhaber, sowie Nutzungen, die nach geltendem Copyright zulässig sind. Darunter fällt neben Fair Use der Betrieb einer Bibliothek unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Dazu zählt, nicht mehr Ausgaben eines Buches zu verleihen, als die Bibliothek legal besitzt. Werke, die gemeinfrei sind, darf das Internet Archive unbegrenzt verbreiten.

Das Internet Archive ist nach wie vor der Auffassung, sich an US Copryight gehalten zu haben: Es scannte Bücher ein und verlieh sie dann als DRM-gesperrtes E-Book, das Nutzer sich auch vorlesen lassen konnten. Dabei achtete das Internet Archive zunächst darauf, nie mehr elektronische Kopien gleichzeitig herauszugeben, als es papierene Kopien des jeweiligen Buches im Lager hatte. Damit waren keine zusätzlichen Werkstücke im Umlauf, aber eben elektronische Versionen anstatt gedruckter. Das falle unter Fair Use.

Mehr Infos

Für eine Erläuterung von Fair Use siehe Warum Google Books in den USA legal ist bei heise online.

Später nutzte das Internet Archive auch die gedruckten Bestände von Partnerbibliotheken; und zu Zeiten, als US-Bibliotheken wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen waren, hob es die zahlenmäßige Beschränkung vorübergehend auf. Doch bereits die ursprüngliche Variante mit strenger zahlenmäßiger Beschränkung ist laut Bundesbezirksgericht illegal: Das Internet Archive dürfte die gedruckten Ausgaben der Bücher, die es hat, verleihen, aber keine selbst angefertigten Scans davon. Das funktioniert für eine Online-Bibliothek natürlich nicht.

Die Verlage verlangen allerdings erhebliche Lizenzgebühren für E-Books; manche gewähren Lizenzen nur für zwei Jahre, andere nur für eine bestimmte Zahl an Ausleihungen, wieder andere verlangen Geld für jeden einzelnen Verleihvorgang. Das kann sich das spendenfinanzierte Internet Archive nicht leisten. Es bereitet seine Berufung vor.

Das Internet Archive versucht auch, Aufnahmen zu retten, die auf alten Schellack-Platten gespeichert sind. Das hat dem Internet Archive eine Klage von Plattenlabeln eingebracht. (ds)