Cyberbetrug: Von Klick- zu Smartphone-Farmen

In China werden Smartphone-Motherboard-Systeme angeboten, die Betrug, Cybercrime und Manipulation im großen Stil ermöglichen.​

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Zahlreiche verschiedene Smartphones auf einem Brett arrangiert.

(Bild: Mikhail_7/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Imke Stock

Spezialisierte Motherboard-Hersteller in China bestücken Motherboards mit bis zu 20 Smartphone-Mainboard-Komponenten, setzen diese in Rack-Systeme ein und verkaufen das System zusammen mit einer Steuerungssoftware. Diese Kits sind Grundlage für Smartphone-Farmen. Das geht aus der "315 Gala" hervor, einer im China Central Television (CCTV) anlässlich des Weltverbrauchertags ausgestrahlten Sendung. Darin werden Unternehmen gezeigt, die gegen Verbraucher- oder Marktregulierungsrechte verstoßen.

Dieses Jahr waren Motherboard-Hersteller Thema, die Kits für Smartphone-Farmen herstellen, die sich wiederum für verschiedene kriminelle Machenschaften und Manipulationen online einsetzen lassen.

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Solche Smartphone-Motherboards könnten auch zu Tausenden für ein Netzwerk von Mobiltelefonen zusammengestellt werden. Die Steuerung aus der Ferne sei auch möglich. Zum Teil würden Systeme auch als "Cloud Smartphones" angeboten. Da das System mehrere Nutzer simulieren kann, wird es offiziell als "Spielentwicklungs- und Testtool" beworben.

Die Kunden dieser Hersteller sind nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen, die wiederum als Smartphone-Farm-Dienstleister tätig sind. Kriminelle können solche Systeme für Betrügereien in sozialen Netzwerken, Online-Spielen und Online-Abstimmungen einsetzen. Jedes Smartphone könne mit einer eigenen IP-Adresse betrieben werden, die sich je nach Bedarf wechseln lässt, um einer Entdeckung durch Aufsichtsbehörden oder Anbietern von Online-Plattformen zu entgehen.

Klickfarmen waren früher oft in Entwicklungsländern, wie zum Beispiel Thailand zu finden, wo mit 350.000 SIM-Karten und 500 iPhones Klickbetrug im großen Stil betrieben wurde. Menschen sitzen dort vor Reihen von Smartphones, die sie zu bedienen haben. Je nach Auftrag sind das Ziel solcher Klickfarmen das Anklicken von Werbelinks, das Generieren von Likes, Followern oder Hochtreiben von Zugriffszahlen auf Webseiten.

Die manuelle Klickarbeit ist zwar stupide, aber keine menschliche Simulation – daher ist sie durch Filter nicht so leicht automatisiert als Betrug erkennbar. Inzwischen werden zwar weltweit mehr Bots und Klickbetrug-Malware für Anzeigenbetrug eingesetzt. Klickfarmen mit Menschen gibt es aber immer noch – wie ein CNN-Bericht eines Fotografen in Vietnam zeigt.

Smartphones lassen sich nicht nur für Klickbetrug einsetzen, sondern auch zum Senden von betrügerischen SMS und Phishing-Nachrichten. Dabei werden oft nicht einzelne Empfänger, sondern ganze Empfängerkreise als potenzielle Opfer dieser Smishing-Masche angeschrieben. Provider versuchen solche betrügerischen Nachrichtenwellen zwar zu blockieren, Kriminelle denken sich aber immer neue Varianten für den SMS-Betrug aus.

Absender können nicht nur Trojaner sein, die auf infizierten Geräten für den Versand sorgen, sondern auch Täter, die auf eigene Smartphone-Farmen zurückgreifen. In einer Smartphone-Farm werden mehrere Smartphones in einem Gestell platziert und mit einer zentralen Steuereinheit verbunden. Die Handarbeit vieler zur Bedienung mehrerer Geräte kann so durch einen einzelnen erledigt oder auch per Computer automatisiert werden. Der Täter muss sich nur die entsprechende Hardware an Geräten und SIM-Karten und den Netzzugang für seine DIY-Smartphone-Farm verschaffen.

Wer keine eigene Smartphone-Farm hat, greift auf einen Cybercrime-as-a-Service-Dienstleister zurück. In China gibt es sowohl Hersteller als auch Betreiber solcher Systeme, die damit allerdings gegen das Wettbewerbsgesetz und Telekommunikationsvorschriften der Volksrepublik verstoßen.

(mack)