Das Ohr des FBI -- am Keyboard

Mit einem "key logger system" kann die amerikanische Bundespolizei jede Tastatureingabe mitschneiden. Sogar ohne Abhörerlaubnis?

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Von
  • Thorsten Dambeck

In einer Anhörung vor einem US-Bundesgericht in New Jersey ging es gestern nicht nur um das Verfahren gegen Nicodemo S. Scarfo Jr. Dem Sohn des inhaftierten Chef-Mafiosi "Little Nicky" Scarfo werfen die Behörden illegales Glücksspiel und Kreditbetrug in großen Stil vor. Nach amerikanischen Medienberichten wirft der Fall zusätzlich grundsätzliche Rechtsfragen auf: Welche Methoden darf der Staat bei der Verbrechensbekämpfung anwenden?

Das FBI war im Januar 1999 in Scarfos Büro eingebrochen und hatte die Festplatte seines PCs kopiert. Die Bundespolizei sah sich jedoch außer Stande, die PGP-verschlüsselten Dateien zu lesen und so Beweismaterial gegen Scarfos florierende Geschäfte zu sammeln. Die Ermittler bewiesen jedoch einen langen Atem: Mit einem "key logger system" kehrten sie an den Ort der Schmach zurück. Ob dieses System Hard- oder Software-basiert ist, will das FBI bislang nicht genauer spezifizieren. Klar ist aber, dass mit dem "logger" sämtliche Keyboard-Eingaben an Scarfios Rechner aufgezeichnet wurden und in die Hände des FBI gelangten; es könnte sich also etwa auch um einen in das Betriebssystem eingeschleusten Trojaner handeln.

Nach der Installation des Systems hatten die Agenten jedenfalls mehr Glück; sie sammelten eifrig Belastungsmaterial und kamen sogar in den Besitz des Passworts des Beschuldigten, den die Anklage einen Kredithai nennt. Die Anwälte von Scarfo Jr. machen jedoch geltend, dass die Aktion der Bundespolizei die Verfassungsrechte ihres Mandanten verletzt habe. Die amtlichen Ermittler hatten lediglich einen Durchsuchungsbefehl, aber keine gültige Abhörerlaubnis, als sie der Geschäftszentrale Scarfos einen Besuch abstatteten. Seine Rechtsbeistände fordern nun, alle vom "key logger system" aufgezeichneten Daten dürften keine Rolle im Verfahren spielen. Die Behördenvertreter entgegnen darauf, für die Technologie des "loggers" sei keine Abhörerlaubnis notwendig. Eine Erläuterung zu den technischen Details des "loggers" lehnen sie allerdings mit Hinweis auf die künftige Verwendung der Methode ab.

Auch Bürgerrechts-Organisationen sehen die Praxis der Bundespolizei mit wachsender Skepsis. "Ich will wissen, wie weit die Regierung beim Eindringen in die Privatsphäre glaubt durch die Gesetze abgesichert zu sein", zitiert die New York Times Mark Rasch von der Web-Consulting-Firma Predictive Systems. Rasch, früher Anwalt im Justizministerium, berät Bürgerrechtsgruppen in der Thematik des Scarfo-Falls. Siehe dazu auch: Telepolis: Nichts mehr mit Pretty Good Privacy? (thd)