Der PC im Kühlschrank - mehr als nur gut gekühlt

Ein sechsmonatiger Test soll beweisen, dass man Computer schon jetzt viel praktischer im Alltag anwenden kann, als die meisten glauben - mit bislang gemischten Ergebnissen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thomas Borchert
  • dpa

Wenn Rikke Clausen eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank holen will, bleibt sie neuerdings schon mal kurz an der Tür hängen. Aber nicht, weil ein Ärmel irgendwo fest hängt, sondern weil der PC-Schirm in der Kühlschranktür der Dänin gerade mitteilt, dass eine neue E-Mail für sie angekommen ist. Oder Rikke klickt per Fingerdruck auf ein Symbol für die aktuellen TV-Nachrichten, die dann nach ein paar Sekunden da zu bestaunen sind, wo früher Merkzettelchen aller Art mit mehr oder minder originell verkleideten Magneten festgepappt waren.

Rikke und ihr Mann Henning Thomsen mitsamt zwei kleinen Kindern nehmen an einem sechsmonatigen Test teil, mit dem ein dänischer und zwei schwedische Konzerne beweisen wollen, dass man Computer schon jetzt viel praktischer im Alltag anwenden kann, als die meisten glauben. Screenfridge heißt der Kühlschrank mit eingebautem Super-PC, den Ericsson, Electrolux und TeleDanmark gemeinsam entwickelt und vorerst 50 Familien oder Singles im Kopenhagener Vorort Ballerup kostenlos zur Verfügung gestellt haben.

"Ist schon ganz schön pfiffig", meint Rikke Clausen, bei der der Screenfridge im September ein paar Tage nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Simon ins Haus kam. Mit einfachem Fingerdruck auf den sehr klaren Schirm kann sie nun steuern, ob sie eigene E-Mails, Nachrichten, die Sonderangebote vom Supermarkt nebenan, die Liste der Verspätungen im lokalen Bus- und Bahnverkehr oder auch eine Adresse im endlosen Ozean der Internet-Möglichkeiten abrufen will.

"Erstens sowieso und zweitens mit zwei kleinen Kindern bin ich nicht der Typ, der sich im Keller vor einen Computer setzt, das Modem anstellt und zehn Minuten mit dem Einloggen zubringt", sagt die selbstbewusste Frau, die von der Arbeit den Umgang mit Computern gewohnt ist. Genau für diese Art von potenziellen Käufern haben die Initiatoren den Screenfridge entwickelt. Er soll nach übereinstimmender Aussage der drei Unternehmen Leute anziehen, die eben keine "PC-Freaks" mit grenzenlosem Zeitverbrauch beim "Problemlösen" und Herumsurfen im Netz sind.

Über technische Details im Screenfridge wird denn auch in Kopenhagen nicht so laut gesprochen. Kein Geheimnis aber ist, dass der in die Kühlschranktür eingebaute PC ein eher kleiner seiner Zunft ist. Trotzdem weist er mit einer Breite von nur zwei Zentimetern, absoluter Lautlosigkeit und angeblich zu Null tendierender Reparaturanfälligkeit etliche und nicht ganz billige Besonderheiten auf.

Für die schnelle Verbindung zu einem für die 50 Tester eigens entwickelten Intranet sorgt eine permanent offene ADSL-Verbindung. Schnell ist das Ganze, das erkennt auch Rikke an, aber eben doch auch nicht ganz gefeit gegen die berüchtigten Kinderkrankheiten aller neuen PC-Systeme. Vier Wochen lang hatten Techniker ihren PC schon zur Reparatur, weil der LCD-Monitor sich als instabil erwiesen hatte. Da lag auch das in den Computer integrierte Telefon einschließlich Webkamera brach, über die man doch so schön mit der fleißig im Internet surfenden Mutter von Ehemann Henning Thomsen hätte chatten können.

Über den praktischen Nutzwert ist sich Rikke auch nach zwei Monaten noch in bisschen unsicher. "Naja, im Grunde ist das Ganze ja doch wohl eher ein Spaß", meint sie. "Aber wenn das Ding nach dem Test wieder weg ist, ärgert es mich doch, dass ich wieder in den Keller müsste, um E-Mails abzurufen." Und wenn erst mal, wie die Produzenten versprechen, der PC in der Kühlschranktür von selbst mitteilt, dass zwei der drei Milchtüten inzwischen schlecht geworden sind, dann möchte sie auch wohl wieder einen intelligenten Screenfridge. Vorerst wird das Teststück im Februar mit einem normalen altmodischen ausgetauscht. In den Handel könnte der Screenfridge vielleicht innerhalb eines weiteren Jahres kommen. (Thomas Borchert, dpa) / (jk)