Deutsche Plattenfirmen verlieren 2003 ein Fünftel ihres Umsatzes

Die Musikbranche macht neben allgemeiner Wirtschaftsflaute wieder die Raubkopien für den Umsatzeinbruch verantwortlich; Online-Musikdienste werden aber auf der Midem zum großen Hoffnungsträger.

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  • dpa

Die deutsche Plattenbranche hat im vergangenen Jahr den größten Einbruch aller Zeiten erlebt. Die Umsätze mit dem Verkauf von CDs und Schallplatten gingen um mindestens ein Fünftel zurück. "Und das ist nur eine Prognose. Es könnte sogar noch viel schlimmer werden", sagte der Vorsitzende des Phonoverbandes, Gerd Gebhardt, am Sonntag auf der internationalen Musikmesse Midem in Cannes. Im Jahr 2002 war der Umsatz bereits um mehr als elf Prozent auf knapp unter zwei Milliarden Euro gesunken. Die offiziellen Geschäftszahlen für 2003 sollen im Frühjahr vorliegen.

Seit dem Boomjahr 1997, in dem die Branche rund 2,6 Milliarden Euro erlöste, habe die deutsche Musikindustrie nun 40 Prozent ihres Umsatzes eingebüßt. "Im laufenden Jahr wird es noch einmal nach unten gehen", sagte Gebhardt voraus. Ein Minus von weiteren zehn Prozent sei drin. Bis 2006 hofft er jedoch auf eine Trendwende. Die Unternehmen hätten sich dann wohl konsolidiert -- insgesamt haben Plattenfirmen, Musikverlage und Studios in den vergangenen drei Jahren bereits mehr als 2000 Stellen abgebaut. Hunderte weitere sollen folgen. Kurz vor dem Branchentreff Midem hatte es zwei Spitzenmanager getroffen: Tim Renner, Chef von Universal Deutschland, und BMG-Deutschland-Chef Thomas Stein mussten gehen.

Verantwortlich für die Misere der Musikbranche sei, wie Gebhardt wie schon so oft die Ansicht der Musikbranche darstellte, neben der flauen Konjunktur vor allem das Kopieren von CDs. So übersteige die Zahl der mit Musik bespielten CD-Rohlinge die der verkauften Musik-CDs bei weitem: Im Jahr 2002 sei auf 267 Millionen Rohlinge Musik gebrannt worden, 166 Millionen Musik-CDs wurden verkauft. "Wenn wir nur 30 Prozent der gebrannten CDs als Umsatz hätten, hätten wir ein Supergeschäft", sagte Gebhardt.

Unterdessen gibt es im internationalen Musikmarkt einen Hoffnungsschimmer, nachdem es auch weltweit zu Umsatzeinbußen von rund zehn Prozent (für das Jahr 2002) gekommen war. Die Internet-Musikplattform iTunes des Computerherstellers Apple übertrifft in den USA alle Erwartungen. Im vergangenen Jahr wurden 30 Millionen Musikstücke online verkauft, sagte Apple-Manager Eddy Cue auf dem eintägigen Kongress Midemnet im Vorfeld der Midem. Der Service, der im April 2003 in den USA gestartet war, soll im Laufe dieses Jahres auch nach Europa kommen, sagte der Apple-Vizepräsident Internetservices und -anwendungen. Andere Webangebote stehen ebenfalls in den Startlöchern. Im März 2004 soll nach mehrmaliger Verzögerung auch das deutsche Onlineangebot Phonoline starten, bekräftigte Gebhardt.

Trotz aller Anfangserfolge der legalen Anbieter ist das Problem der Musikpiraterie aber noch lange nicht vom Tisch, wie der Internationale Verband der Plattenbranche (IFPI) erklärte. Nach einer IFPI-Untersuchung haben im vergangenen Jahr rund 6 Millionen Internetnutzer weltweit mehrere Milliarden Songs aus illegalen Tauschbörsen bezogen. (dpa) / (jk)