Deutscher Kandidat für den ITU-Chefsessel im Wahlkampf

Das erste Treffen des Internet Governance Forum behandele auch Themen, die die Bundesnetzagentur betreffen, meinte deren Chef, der das IGF auch zur Werbung für seine Kandidatur als Generalsekretär der International Telecommunications Union nutzte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Monika Ermert

In der kommenden Woche wählt die "Plenipotentiary Conference" der International Telecommunication Union (ITU) einen neuen Generalsekretär. Die sechs Kandidaten befinden sich daher im Endspurt ihrer Kampagnen. Dem Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, diente dabei das erste Treffen des Internet Governance Forum in Athen als willkommene Bühne. Kurth selbst betonte aber gegenüber heise online, die Teilnahme am IGF sei unabhängig von der ITU-Wahl: "Die Fragen, die hier diskutiert werden, betreffen in Teilen auch die Bundesnetzagentur." Dass die Zeichen auf Wahlkampf standen, unterstrich allerdings nicht zuletzt ein deutscher Empfang am Dienstagabend.

Für viel Kritik sorgte die ursprüngliche Ankündigung einer geschlossenen Veranstaltung der deutschen Delegation durch den deutschen Botschafter; im Plenum in Athen wurde sie mit einzelnen Buhrufen quittiert. Zahlreiche deutsche Teilnehmer zeigten sich verwundert darüber, dass sich die deutsche Delegation trotz der auf dem IGF-Treffen zumeist völlig offenen Veranstaltungen für eine solche Exklusivität entschieden hatte. Am Ende lud man dann doch noch alle ein – und wer kam, wurde auch von Kurth persönlich begrüßt.

Zur Wahl selbst meinte Kurth, er rechne sich gute Chancen aus. Aber Voraussagen zu machen sei schwer. Als wichtiges Thema, das eine ITU unter seiner Leitung besonders vorantreiben wolle, nannte Kurth den Bereich Informations- und Kommunikationstechniken für weltweite Entwicklung. "In diesem Bereich kann die ITU auf große Erfahrung zurückgreifen." In seiner Wahlwerbebroschüre heißt es, die ITU solle ihre führende Rolle bei der Entstehung globaler Kommunikationsmärkte erweitern. "Die ITU sollte sich durch ihre Reformanstrengungen und die Integration der Arbeit der verschiedenen Sektoren darum bemühen, die international anerkannte Plattform für Entwicklung und Harmonisierung der Telekommunikationsmärkte zu bleiben."

Interoperabilität und die Konvergenz der Netze nennt die Broschüre als wesentliche Trends, mit denen die oft als Dinosaurier der alten Telekommunikationswelt kritisierte UN-Organisation sich auseinanderzusetzen hat. Zum immer wieder thematisierten Verhältnis zwischen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) und der ITU hatte Kurth während des Weltgipfels der Informationsgesellschaft gesagt, er wolle die Rolle der ITU gerne betonen, aber auch die Diskussion versachlichen.

Beobachter aus dem Ausland nannten die deutsche Kampagne durchaus maßvoll im Vergleich zu der von Kurths Schweizer Mitbewerber Marc Furrer. Die Schweiz hatte im Rahmen ihrer Kampagne unter anderem sogar ein Commonwealth-Treffen in London gesponsert. Der tunesische Kandidat andererseits beantwortete noch nicht einmal Fragen der ITU im Rahmen der offiziellen Kandidatenvorstellung. Weitere Kandidaten kommen aus Brasilien, Mali und Jordanien.

Siehe zum Internet Governance Forum, dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft und zu den nach seinem Abschluss entfalteten Aktivitäten:

Zu den Ergebnissen des 1. WSIS siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)