Deutschland präsentiert sich auf dem IGF als "Land der Ideen"

Die deutschen Vertreter setzen auf dem zweiten Internet Governance Forum kommende Woche in Rio de Janeiro inhaltliche Schwerpunkte auf Aus- und Weiterbildung sowie Forschungsförderung in den Entwicklungsländern.

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Von
  • Monika Ermert

Kommende Woche findet in Rio de Janeiro das zweite Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen (UN) statt. Die Bundesregierung misst allen dort geplanten Themen – wie Internet für alle und überall, Freiheit der Internetnutzung und Vielfalt der Inhalte – große Bedeutung bei. Daneben werden rechtliche und technische Fragen zur Ausbildung und Fortbildung in allen Bereichen, die mit der Nutzung des Internets in Zusammenhang stehen, eine Rolle spielen, teilte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage von heise online mit. Ein besonderes Augenmerk werde in Rio auf die weitere Entwicklung des Internets in Entwicklungsländern gerichtet sein. Die Einrichtung des IGF ist das Resultat des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS), der die Unterstützung des IT-Sektors für die Milleniums-Entwicklungsziele absichern sollte.

Die deutschen Vertreter setzen ihren inhaltlichen Schwerpunkt auf der Aus- und Weiterbildung sowie der Forschungsförderung in den Entwicklungsländern. Das Auswärtige Amt werde in Rio ein Stipendienprogramm für junge IT-Fachleute aus Entwicklungs- und Schwellenländern ankündigen, erklärte die Sprecherin. Das "Konrad Zuse Fellowship Program", das gemeinsam von der Regierung und der Wirtschaft finanziert wird, soll auf dem IGF am 14. November im Rahmen einer Veranstaltung vorgestellt werden, die den Titel "Vom Wissen zur unternehmerischen Idee" trägt. Unter der Leitung von Professor Horst Zuse, dem ältesten Sohn des Computerpioniers Konrad Zuse, werden dabei voraussichtlich Teilnehmer aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Deutschland die Rahmenbedingungen für erfolgreiche unternehmerische Aktivitäten im IKT-Bereich erörtern, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Der deutsche IGF-Beitrag, der unter dem Motto "Deutschland – Land der Ideen" stehe, solle der "Werbung für den Wirtschaftsstandort Deutschland dienen".

Eine konkrete Stellungnahme zu dem in Rio erwarteten Dauerstreit über die "Aufsicht kritischer Internet-Infrastrukturen" gab das Ministerium dagegen nicht ab. Das IGF sei "eine Diskussionsplattform zu wichtigen Fragen des Internet", dort sollten nicht Ergebnisse ausgehandelt werden. Diese Einschätzung teilt auch die Europäische Kommission, wie ein Sprecher in Brüssel auf Anfrage von heise online versicherte. Das IDF dürfe keine "schwerfällige Maschinerie" werden. Allerdings müsse es finanziell so ausgestattet sein, dass es seine Arbeit als Plattform gestalten könne. Daher hat die Kommission dem IGF eine Finanzspritze von 360.000 Euro für die kommenden drei Jahre zugesagt.

Anders als die Bundesregierung sieht die EU-Kommission beim Thema kritische Infrastrukturen Gesprächsbedarf, zum Beispiel hinsichtlich Ausfallsicherheit und Schutz der Infrastrukturen. Hier beabsichtige Kommissarin Viviane Reding für 2008, eine Initiative im Rahmen des von ihrem Kollegen Frattini entwickelten EU-Programms "Kritische Infrastrukturen" auf den Weg zu bringen. Bestandteile seien ein besserer Austausch von Know-how und aktuellen Informationen der Computer Emergency Response Teams (CERTs) in den Mitgliedsstaaten. Noch gebe es Mitgliedsländer ohne eigenes CERT, beklagt die EU-Kommission. Außerdem bedürfe es hier auch eines Rahmens für die Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen.

Die EU-Kommission will auch angeblich "fehlende Fortschritte bei der 'verbesserten Zusammenarbeit'" ansprechen. Unter diesem von den Europäern beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) gegen die US-Delegation durchgedrückten Konzept verstehen sie eine Öffnung der einseitigen US-Aufsicht über Rootzone und Domain Name System beziehungsweise über die mit der Selbstverwaltung dieser Ressourcen von der US-Regierung beauftragten Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). "Es gibt dazu zwar Anstrengungen, die anzuerkennen und zu begrüßen sind, aber es muss weiter nachgedacht werden, wie man Methoden der Zusammenarbeit finden kann, die die Tunis-Agenda beschrieben hat", sagte der EU-Sprecher. Sofern die von der US-Regierung kürzlich angekündigte Konsultation zur Arbeit der ICANN offene Fragen enthalte, werde die Kommission sich auch dazu äußern, da sie davon ausgehe, dass die Verwaltung des Netzes im Sinne der WSIS-Beschlüsse verbesserungsfähig sei. (Monika Ermert) / (anw)