Die Kraft der Farbe: Die Bilder der Woche (KW 30)

Komplementäre, satte Farben sprechen den Betrachter anders an als pastellene, weiche Töne. Die Bilder des Tages der letzten Woche zeigen die Möglichkeiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht

(Bild: Otto Hitzegard)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Nonhoff-Arps

Bereits das Aufmachermotiv Benjaminblätter – unser Bild des Tages vom Donnerstag – ist ein schönes Beispiel für die Kraft von Farben. Die vom Strauch gefallenen Blätter fielen Fotograf Otto Hitzegard zunächst wegen ihrer Zeichnung auf. Um diese im Bild herauszuarbeiten, fotografierte er sie im Gegenlicht auf einer blauen Folie. Vom Originalbild fertigte er in der Bildbearbeitung mit Hilfe des Kanalmixers Farbvariationen an, die er schließlich zu einer Collage arrangiert und montiert hat.

Das entstandene Bild ist jedoch nicht nur wegen seiner kräftigen Farben sehr plakativ, sondern reizt auch durch die Variation ein und desselben Grundmotivs, das aus den vier Blättern des Benjamins besteht. Die Abwandlungen entstehen durch unterschiedliche Farbgebungen, Größen, Formate und Ausschnitte. So setzt jeder Teil der Kollage einen anderen Akzent auf die einzelnen Blätter wie auch auf das Arrangement. Der Betrachter ist angehalten durch das Bild zu wandern und immer wieder neue Aspekte des Motivs zu entdecken.

Auch bei der Aufnahme Rotating Lights von Bernhard Horst war es zunächst der Kontrast des tiefdunklen Blaus vom Abendhimmel zum kräftigen Rot der Leuchtturmspitze, die den Fotografen zu der Aufnahme inspirierten. Erst im nächsten Schritt gestaltete er für den Betrachter den Weg zum Hauptmotiv. Durch die extreme Perspektive entlang der Stahlkonstruktion lenkt er den Blick gezielt von der rechten unteren Ecke hinaus zum Hauptmotiv.

In dem Foto Deutsche Wespe von Galeriemitglied Nikkonwolf, Bild des Tages am Sonntag, harmoniert die gelb-schwarze Wespe mit dem pastellfarbenen Gelb-Rosa-Verlauf des Hintergrunds. Diese Kombination wirkt ein wenig wie eine romantische Kindergeschichte, in der die sonst angsteinflößende Wespe eher wie ein sympathischer, starker Freund daherfliegt. Der weichgezeichnete Hintergrund sorgt obendrein dafür, dass die Wespe nicht nur freundlich, sondern trotzdem imposant auftritt.

Sommerliche Wärme und moderne Kühle verbindet Galeriefotograf flashcube in seinem Foto mit dem Titel Full Mohn. Mohn kennt man vor allem als leuchtend rote Blüten in einem komplementär sommerlich grünen Umfeld. In dieser Aufnahme leuchtet zwar auch das Grün am unteren Bildrand sommerlich, in der Mitte, auf Augenhöhe kontrastieren jedoch rosa und weiße Blüten vom orientalischen Mohn. Zum oberen Bildrand wird es im Hintergrund dann tiefblau. Hier ragen vor allem die weißen Blühten hinein und sorgen zusammen mit dem Blau für eine kühle Stimmung, etwa wie nach einem erfrischenden Gewitterschauer.

Das Farbe aber auch stören und von der Bildaussage ablenken könnte, demonstriert die Schwarzweiß-Aufnahme von calvin&hobbbes mit dem Titel Dresscode. Ein Mann im schwarzen Anzug steht wartend ganz an den linken Bildrand gerückt. Dominat im Bild ist eine belaubte Baumgruppe, die von rechts bis in die Bildmitte ragt, sowie eine typische Bauabsperrung (vermutlich Rot und Weiß) als Bindeglied zwischen dem Mann und den Bäumen, als Symbol für die Natur. Die Aufnahme hätte eine ganz andere Wirkung und bekäme vermutlich eine andere Aussage, wenn der Fotograf die Farbe im Bild gelassen hätte. Es gibt also nicht nur die Kraft der Farben, sondern es gibt auch ein Zuviel an Farbe, nämlich dann, wenn sie den Betrachter vom beabsichtigten Inhalt ablenkt.

Alle Bilder der vergangenen Woche finden Sie in der Bilderstrecke.

Die Bilder der Woche (KW 30) (6 Bilder)

Samstag: Rotating Lights

"Das Foto Rotating Lights entstand im Rahmen eines Sylt-Aufenthaltes", schreibt Bernhard Horst in einer E-Mail an die Redaktion. "Mich hatten die Struktur des Lichtes und der Rot/Blau-Kontrast fasziniert. Zuerst fotografierte ich weiter weg vom Turm, fand dann aber heraus, dass die Nieten perfekt als 'Hinführung zum Licht' funktionierten. Aufgrund der Dunkelheit war es schwierig, das Objektiv genau auszurichten, damit keine stürzenden Linien entstehen."
Canon EOS R5 | 24 mm | ISO 800 | f/3.5 | 30 s (Bild: Bernhard Horst / Bernie_himself)
Mehr zu Landschaftsfotografie

(pen)