Die Menschheit auf eine neue Stufe bringen: zum 60. Geburtstag von Steve Wozniak

Vor 60 Jahren wurde der amerikanische Computerpionier und Witzbold Steve Wozniak im kalifornischen San Jose geboren. Mit den von ihm im Alleingang konstruierten Apple I und Apple II sowie der Disk II schuf er die Grundlagen zur Entwicklung des Personal Computers.

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Von
  • Detlef Borchers

Steve Wozniak

(Bild: Alan Luckow, http://www.luckow.com/)

Vor 60 Jahren wurde der amerikanische Computerpionier und Witzbold Steve Wozniak im kalifornischen San Jose geboren. Mit den von ihm im Alleingang konstruierten Apple I und Apple II sowie der Disk II schuf er die Grundlagen zur Entwicklung des Personal Computers.

Steve Wozniak wurde frühzeitig an die Arbeit und den Arbeitsethos eines Ingenieurs herangeführt. Sein Vater, der im Raketenprogramm von Lockheed an Geheimprojekten arbeitete, erklärte dem vierjährigen Steve, wie eine Glühbirne funktioniert und wie ein Widerstand arbeitet. In der vierten Klasse bekam Wozniak seinen ersten Elektrobaukasten und konstruierte für die Nachbarschaft eine Wechselsprechanlage, über die sich die Electronic Kids zu nächtlichen Ausflügen verabredeten. In der achten Klasse konstruierte er seine erste Rechenanlage mit 100 Transistoren und 200 Widerständen. Später beschäftigte sich der junge Steve mit den Handbüchern der Computer von DEC, HP und Data General und zeichnete optimierte Schaltpläne mit einer minimalen Anzahl von Chips. In seiner Autobiografie "iWoz" berichtet Wozniak davon, wie er die Rechner wieder und wieder auf Papier nachkonstruierte und immer weniger Bauteile verwendete. Heute wird das Schaltbild des Apple I zu den großen Kunstwerken des 20. Jahrhunderts gerechnet. Die Schaltung der Disk II, die Wozniak in zwei Wochen entwickelte, wurde vom Mac-Entwickler Burrell Smith als "Poetry in Electronics" bewertet und (erfolglos) für einen Literaturpreis eingereicht. Während die herkömmlichen Shugart-Laufwerke 70 Chips benötigten, lief Apples von Alps Japan gefertigtes Laufwerk mit 8 Chips. Es kostete 80 US-Dollar in der Produktion und wurde für 495 Dollar verkauft, wodurch sich Apple aus einer von vielen finanziellen Zwangslagen befreien konnte.

Steve Wozniak, der eine seiner ersten Medaille in einem Wettbewerb ähnlich wie "Jugend forscht" aus der Hand von Richard Nixon, der damals für das Amt des kalifornischen Gouverneur kandidierte, erhielt, orientierte sich lange Zeit am Ethos des Ingenieurs, das ihm sein Vater vermittelte. "Ich kann mich noch so genau daran erinnern, wie er mir sagte, dass es die Ingenieurskunst ist, mit der man die größte Bedeutung in der Welt erlangen kann, weil ein Ingenieur die Gesellschaft auf eine neue Stufe bringt, wenn er elektrische Geräte erschafft, die den Menschen Gutes tun", heißt es in iWoz. In seiner Studienzeit wurde dieses hehre Bild vom guten Ingenieur nachhaltig erschüttert. Steve Wozniak las die "Pentagon Papers" des Whistleblowers Daniel Ellsberg, überwarf sich mit seinem Vater, der den Vietnamkrieg lobte, und wurde zum Regierungsgegner und Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Als Richard Nixon am 9. August 1974 abdankte, konstruierte Wozniak aus den Einzelteilen einer in Konkurs gegangenen Firma einen Videorecorder und nahm die Fernsehübertragung auf, für den Fall, dass dieser Skandal künftig vertuscht werden sollte.

Steve Wozniak arbeitete bald danach als Ingenieur bei Hewlett Packard und wollte dies nach eigener Erinnerung auch ein Leben lang tun. Doch über seine Bekanntschaft mit Steve Jobs und den Kontakten zum Homebrew Club passierte es, dass Wozniak einen Computer konstruierte, der zur Gründung von Apple führte. Nach diesem Apple I kam der Apple II. Danach entfremdete sich Wozniak von seiner Firma. Der Apple III war kein Ingenieursprodukt, sondern von einem Konsortium entworfen, Apples Lisa war vollends ein Flop. Auch das Privatleben war problematisch, eine Scheidung und ein fürchterlicher Unfall mit einem von ihm gesteuerten Flugzeug warfen Wozniak zurück. Er schrieb sich unter Pseudonym an der Universität ein und begann, Rockfestivals unter dem Namen Unuson – Unite Us in Song zu organisieren, mit Bands wie Fleetwod Mac, Talking Heads, The Clash und The Police. Nach zwei Festivals in den USA und einem in der Sowjetunion, weil Völkerverständigung zum neuen Ingenieursziel für Wozniak geworden war, war er 25 Millionen Dollar ärmer und musste wieder arbeiten. Für Wozniak zählte allein, dass er Vorbild war für kommende Konzerte wie Live Aid. Er unterrichtete den Umgang mit Computern an der Lexington Elementary School: Grundschullehrer mit ein paar heißen Bastelprojekten wie der universalen Fernbedienung – die von Steve Jobs höchstselbst zerstört wurde.

Was wäre ein Geburtstagsständchen auf Steve Wozniak ohne die Erwähnung, dass er bis heute ein Witzbold erster Güte ist. Bereits die erste Ehrung durch Gouverneur Nixon veralberte er (mit Hilfe seiner Mutter) mit einem Witz. Es folgten mehr oder weniger gelungene Witze wie der Bau einer Bombenattrappe, die richtig tickte, oder die Konstruktion eines kleinen Störsenders, der Fernsehsendungen abschaltete. Als Wozniak bereits bei Hewlett Packard arbeitete, investierte er fast sein gesamtes Einkommen in einen Anrufbeantworter-Service, der unanständige polnische oder italienische Witze erzählte. Wozniak bekam bei seinem Dial-A-Joke mehr als 2000 Anrufe am Tag und lernte auf diese Weise seine erste Frau kennen. Als Apple startete, entwickelte Wozniak, inspiriert von den Fake-Meldungen eines "Dick Tuck" aus den Pentagon Papers, eine erfundene Werbekampagne über einen Computer namens "Zaltair" mit eigenem Bazic und dem Werbeclaim "Predictable refinement of computer equipment should suggest online reliability. The elite computer hobbyist needs one logical optionless guarantee, yet." Nimmt man nur die Anfangsbuchstaben, so taucht der damalige Konkurrent auf: Processor Technology.

Zu seinen neuesten Witzen gehört es, dass er sich über die Sicherheitsbestimmungen an Flughäfen lustig macht: Seine Visitenkarten sind aus Metall und einige davon so scharf geschliffen, dass er problemlos Fleisch mit ihnen schneiden kann. Die schöne Wikiquote ist deshalb einfach zu ergänzen I never lie, even to this day. Not even a little. Unless you count playing pranks on people, which I don't. That's comedy. Entertainment doesn't count. A joke is different from a lie, even if the difference is kind of subtle.: Die Technologie wird uns weiterbringen. Immer. Aber nur, wenn wir über uns lachen können und uns nicht zu ernst nehmen. (jk)