Digital Rights Management mit falschen Telefonbucheinträgen

Die österreichischen Telefonbücher weisen vorsätzlich tausende von falschen Einträgen auf.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 284 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die österreichischen Telefonbücher weisen vorsätzlich tausende von falschen Einträgen auf -- in jedem Ort mindestens einen. Die Einträge dürften von der Telekom Austria (TA) oder von der mit der Herausgabe der Telefonbücher beauftragten HEROLD Business Data eingeschleust worden sein, um missbräuchliche Verwendung der Teilnehmerverzeichnisse nachweisen zu können. Übernimmt jemand wahllos Daten fremder Personen, sollen ihm auch die erfundenen Angaben untergejubelt werden, so das mutmaßliche Motiv. Die Markierungen sind nicht nur in den gedruckten Telefonbüchern, sondern auch in der Online-Version und den als CD-ROM verbreiteten Versionen (mit über vier Millionen Rufnummern) enthalten. Rund ein Promille aller Einträge dürfte erfunden sein.

Das "Schema F(alsch)" wurde in einigen Onlineforen und Mailinglisten verbreitet und diskutiert: Die erfundenen Kunden haben stets dieselbe, nicht existente Mobiltelefonnummer 06 64 18 10 01 und sind, außer in größeren Städten, in der Bahngasse 6 wohnhaft. Meist gibt es diese Adresse in Wirklichkeit gar nicht. Der Familienname beginnt immer mit dem zweiten Buchstaben des Ortsnamens. In der Hauptstadt Wien handelt es sich entsprechend um einen "Rainer Ilgenfritz" -- ein Mann, der laut herold.at weitere 362 Adressen in Österreich hat. Nur ein virtuelles Zuhause hat hingegen "Kai Xiu-Toi-Pan" in der real nicht existierenden Bahngasse 6 im Tiroler Ort Axams. Spitzenreiterin ist "Michaela Abraham", die mit derselben Rufnummer rund 550mal auftaucht.

Auch bei der Erstellung von längeren Listen aus der umstrittenen Marketing-CD werden vermutlich erfundene Einträge eingeschleust. Vergangenes Jahr hat dieses Produkt dem Verlag einen Big Brother Award eingetragen. Mit Hilfe der simplen Variante von "Digital Rights Management" soll Herold auch schon Lizenzverletzungen aufgespürt haben. Firmen hatten, ohne von dem Verlag eine Lizenz erworben zu haben, die Datenbank zur Erstellung von Adresslisten für Werbeaussendungen genutzt. Unbestätigten Informationen zu Folge gelangten die Poststücke zum Telefonbuch-Verlag, der daraufhin rechtliche Schritte gegen die Absender einleitete. Wie Herold an die Poststücke herangekommen ist, bleibt unklar. Der Verlag gehörte im Jahr 1998 noch zu 26 Prozent der damaligen Post & Telekom Austria AG. Heute ist Herold Teil der Yellow Brick Road Group, die auch in Finnland, den Niederlanden, Tschechien und der Slowakei im Telefonbuchgeschäft tätig ist. (Daniel AJ Sokolov) (ps)