Digital Services Act: Die EU-Kommission bittet Facebook & Co. zur Kasse

Sehr große Plattformen werden über Gebühren an der finanziellen Last ihrer eigenen Aufsicht mit bis zu 0,05 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes beteiligt.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission hat am Donnerstag in einem nachgeordneten Rechtsakt festgelegt, wie die Gebühren für die Aufsicht über die Einhaltung des Digital Services Act (DSA) bei sehr großen Plattformen und Suchmaschinenanbietern – etwa Google mit YouTube, Meta mit Facebook und Instagram, TikTok sowie Twitter – berechnet und erhoben werden sollen. Das Gesetz über digitale Dienste sieht generell vor, dass solche Betreiber über Gebühren an der finanziellen Last ihrer eigenen Kontrolle nach dem Verursacherprinzip beteiligt werden.

Die maximale Summe dafür gaben die EU-Gesetzgeber bereits vor: Sie beträgt bis zu 0,05 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes der betroffenen Konzerne. Die delegierte Verordnung regelt nun die Details. Demnach beruht die Formel zur Bestimmung der Aufsichtsgebühr in erster Linie auf der Zahl der monatlich aktiven Nutzer für jeden benannten Dienst.

Die Berechnungsmethode umfasst zwei Stufen: Zuerst wird ein Grundbetrag bestimmt, indem die jährlichen Gesamtkosten für die Kontrolle durch alle betroffenen Anbieter geteilt werden. Dieser Sockel wird angepasst durch einen Koeffizienten, der proportional zur Anzahl der monatlich aktiven Nutzer des Dienstes ist. Dieser Parameter wird für alle fünf Millionen zusätzliche User noch einmal erhöht.

Der DSA verankert allgemein prinzipielle EU-weite Sorgfaltspflichten für alle digitalen Dienste, die Verbraucher mit Waren, Services oder Inhalten versorgen. Dazu gehören vor allem neue Vorschriften zur schnelleren Entfernung illegaler Inhalte. Für sehr große Online-Plattformen, die mehr als 10 Prozent der EU-Bevölkerung beziehungsweise über 45 Millionen Bürger in den Mitgliedsstaaten erreichen, gelten besonders strenge Vorgaben. Sie müssen Risikoabschätzungen durchführen und ausgemachte Gefahren etwa für die Demokratie, die öffentliche Sicherheit, die Grundrechte und den Jugendschutz minimieren. Über die Einhaltung wacht die Kommission, was bei ihr – die wieder auszugleichenden Kosten – verursacht.

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Die Gebühren werden voraussichtlich im Herbst zum ersten Mal erhoben. Vorher muss die Kommission noch die Anbieter benennen, die als sehr große Plattformen gelten. Die Betreiber hatten dazu bis zum 17. Februar Zeit, ihre Nutzerzahlen anzugeben. Auf dieser Grundlage wird die Brüsseler Regierungsinstitution anhand der nun festgelegten Formeln die fälligen Zahlungen berechnen. Neben eBay und Telegram sehen sich überraschenderweise auch große Erotikportale wie YouPorn, Pornhub und OnlyFans außen vor bei den Zusatzbestimmungen, sodass die Kommission noch Nachprüfungen durchführt. Hat sie ihre Liste der besonders streng regulierten Dienste veröffentlicht, greifen deren Pflichten inklusive der Zahlungsvorgabe vier Monate später.

Während einer öffentlichen Konsultation über den Entwurf für den nachgeordneten Rechtsakt zeigte sich etwa die Computer & Communications Industry Association (CCIA Europe), der zahlreiche Big-Tech-Firmen wie Amazon, Google und Meta angehören, besorgt über den skizzierten Ansatz. Die Berechnung der monatlich aktiven Nutzer eines Dienstes werde eher ungenau sein, befürchtete der Lobby-Verband. Einige Überschneidungen dürften unvermeidlich sein, um etwa ausgeloggte User nicht mehrfach zu zählen. Daher könnte die Gebühr "unverhältnismäßig hoch ausfallen", da die Betreiber selbst die Zahl ihrer aktiven Mitglieder nicht immer genau zählen könnten.

Weiter stört sich die CCIA daran, dass die weltweiten Gewinne einer ganzen Unternehmensgruppe wie Meta bei Facebook zur Festlegung der Höchstgebühr herangezogen werden sollen. Dies beruhe auf einer "zu simplen Annahme". Da die Gewinne eines Konglomerats immer viel größer seien als die eines Einzelbetriebs, werde dies zu einem "ungerechten und unverhältnismäßigen" Höchstbetrag für einige Dienstleister führen.

Zudem hat die Kommission laut der CCIA als Basis die ihr entstehenden Gesamtkosten für die DSA-Durchsetzung angelegt, nicht die speziellen für die Aufsicht über sehr große Betreiber. Auch potenzielle Sanktionszahlungen würden nicht eingerechnet. Die Wikimedia Foundation, die hinter der Wikipedia steht, unterstützt den DSA laut ihrer Eingabe zwar prinzipiell, da damit Ziele wie Transparenz, Fairness, Vorhersehbarkeit, Rechenschaftspflicht und die Achtung der Grundrechte im Internet verfolgt würden. Die Gebühren könnten aber gemeinnützige Betreiber von Plattformen "unverhältnismäßig stark treffen". Wikipedia werde mit einem Bruchteil des Budgets und des Personals von vergleichbaren Online-Plattformen betrieben und sei überwiegend auf Spenden angewiesen.

Die Brüsseler Exekutivinstanz hält dagegen, dass die meisten Bedenken sich auf Grundsätze bezögen, die die Gesetzgebungsgremien bereits im DSA festgelegt hätten. Ihr seien damit weitgehend die Hände gebunden. Einer der Parameter sei zudem in der Lage, grundlegend unterschiedliche Betriebsmodelle wie gemeinnützige Anbieter "entsprechend ihren Besonderheiten zu behandeln".

(tiw)