Digitale Agenda: Sorgenkinder Breitband, Bildung, Fachkräfte und E-Government

Der IT-Branchenverband Bitkom hat nach zwei Jahren eine recht positive Bilanz der digitalen Agenda der Bundesregierung gezogen. Über die Hälfte der Projekte seien umgesetzt, es blieben aber noch große Baustellen.

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Fachkräfte, Büro, Arbeitsplätze
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Eine "glatte 2" hat Bitkom-Präsident Thorsten Dirks am Dienstag der Bundesregierung für die bisherige Handhabe ihrer vor knapp zwei Jahre beschlossenen digitalen Agenda gegeben. 66 der 121 Einzelmaßnahmen, die von der Frequenzversteigerung, die 115-Behördennummer bis hin zum IT-Sicherheitsgesetz reichten, seien mittlerweile "abschließend umgesetzt". 46 seien noch in Arbeit, bei neun eher kleinen Vorhaben "ist noch nichts passiert".

Mit der Plattform Industrie 4.0 habe die Politik eine "wichtige Funktion übernommen", lobte Dirks. Auch das E-Health-Gesetz habe sich bereits im ersten Jahr gut entwickelt, auch wenn Wearables dabei noch unberücksichtigt geblieben seien. "Viel passiert" sei bei intelligenten Verkehrsnetzen mit dem digitalen Testfeld A9, das die Industrie gerade mit Netztechnik und Sensorik ausrüste. Es sei nicht einfach gewesen, die Auto- und Zulieferbranche mit zusammenzubringen, aber Deutschland müsse hier Vorreiter sein. Selbst das Dauerstreitthema der Störerhaftung bei WLAN sei gelöst.

Thorsten Dirks (l.) und Bernhard Rohleder

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Mit dieser Bilanz dürfe sich aber niemand ausruhen, mahnte Dirks. Handlungsbedarf sieht er vor allem bei "digitalen Ökosystemen" mit schnellem Internet. "Der deutsche Mittelstand bewegt sich auf der Kriechspur", monierte Dirks. Selbst in Kinderzimmern werde mit höherem Tempo gesurft. Nur sieben Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen hätten Internet-Übertragungsraten von mehr als 50 MBit/s gebucht, noch weniger machten davon Gebrauch.

Die Branche habe seit 2000 etwa 170 Milliarden Euro in Breitbandausbau investiert. Das von der Regierung ausgerufene "Zwischenziel 50 MBit/s bis 2018" werde daher wohl erreicht. Wenig hält Dirks nun davon, "für das Jahr x" etwa ein Gigabit-Ziel auszurufen. Wichtiger sei es, sich an der tatsächlichen Nachfrage zu orientieren.

Dirks warb dafür "das Digitale in der Bildung zu stärken". Bund und Länder müssten hier stärker an einem Strang ziehen. Die größte Baustelle sei es, "unsere Verwaltung ins digitale Zeitalter zu überführen", da Deutschland beim E-Government weit zurückliege im europäischen Vergleich.

"2016 scheint ein gutes Jahr für die Branche zu werden", prognostizierte Dirks. Über 70 Prozent der dem Bitkom angeschlossenen Firmen hätten im ersten Halbjahr ihre Umsätze steigern können, der Bitkom-Index der Geschäftserwartung liege auf einem Spitzenwert. Für das Gesamtjahr müssten aber noch "unkalkulierbare Folgen wie Brexit" mit einberechnet werden.

"Wir erwarten eines der besten Jahre in der Informations- und Kommunikationstechnik", führte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder aus. Software und IT-Services seien die Segmente, die am stärksten wachsen, und auch die größten Beschäftigungspotenziale hätten. 56 Prozent der Unternehmen wollten Arbeitsplätze schaffen, nur sechs Prozent abbauen. Die Fachkräftesituation wurde von 64 Prozent der Unternehmen als Problem angesehen, vor einem Jahr waren es noch 51 Prozent. Gleichbleibend kritisierten 33 Prozent der vertretenen Unternehmen die politischen Rahmenbedingungen.

Der eco-Verband der Internetwirtschaft hatte der Regierung voriges Jahr noch ein schlechtes Zeugnis für die digitale Agenda ausgestellt und die beteiligten Ministerien zur Eile gemahnt. (anw)