Digitaler Behördenfunk: Bund startet Teilnahmewettbewerb

Gegenstand sind Lieferung, Aufbau und Wartung der Funksystemtechnik, nicht jedoch Übertragungswege oder Senderstandorte. Die ausgewählten Bewerber müssen ihre Angebote bis zum 21. Juni einreichen.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat den Teilnahmewettbewerb für die Beschaffung der Systemtechnik für den Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) gestartet. Die Vergabebekanntmachung wurde laut BMI am 31. März 2005 an die EU übermittelt und wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Seit heute ist sie auch über die Internetseite des zuständigen Beschaffungsamtes des Bundes abrufbar.

Ziel des Teilnahmewettbewerbs ist, aus dem Kreis der Bewerber fünf bis sieben Unternehmen auszuwählen, die der Bund für am besten geeignet hält. Diese sollen bis zum 21. Juni zur Abgabe konkreter Angebote aufgefordert werden. Das Beschaffungsverfahren umfasst die Systemtechnik des BOS-Funks, laut BMI unter anderem "Lieferung, Installation, Inbetriebnahme und Support der Funksystemtechnik sowie weiterer Komponenten für den Digitalfunk". Bundesinnenminister Schily hatte im Frühjahr die Initiative zum Aufbau eines Rumpfnetzes durch den Bund ergriffen und so nach Einschätzung des BMI den Weg zur Einführung des BOS-Digitalfunks freigemacht. Der Bund hat in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn die Initiative für die Errichtung und den Betrieb eines Rumpfnetzes übernommen, das rund 50 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland abdecken und von den Ländern zu einem bundesweit einheitlichen Netz erweitert werden soll.

Laut den jetzt veröffentlichten Teilnahmeunterlagen sind jedoch Übertragungswege und Standorte für die Funksystemtechnik ausdrücklich nicht Gegenstand des Lieferauftrages des Bundes, seit sich der BMI auf die Bahn-Tochter DB-Telematik als Betreiber des BOS-Netzes bis Ende 2020 festgelegt hat. Mit dem Bekanntwerden der Schily-Initiative zu einem Rumpfnetz schwanden die Chancen für Unternehmen wie T-Systems oder Vodafone, den BOS-Funk als Dienstleister für die öffentliche Hand auf ihrer Netzinfrastruktur abzuwickeln und sich so über Jahrzehnte hinweg eine sichere Einnahmequelle zu erschließen.

Die vom Bund vor dem Abschluss eines Liefervertrages festgelegte Kooperation mit der Bahn erscheint vergaberechtlich ebenso problematisch wie die in den Teilnahmeunterlagen enthaltene Bedingung, dass die zu liefernde Funksystemtechnik den ETSI-Standards ETS 300392 und ETS 300396 entsprechen oder "funktional gleichwertig" sein muss. In der Normgruppe ETS 300392 hat das European Telecommunications Standards Institute den Standard Terrestrial Trunked Radio (TETRA) definiert. Schon im Vorfeld der Vergabe war über eine Präferenz der BOS für diesen Standard spekuliert worden. Dank des Kriteriums "funktionale Gleichwertigkeit" bleibt das konkurrierende Tetrapol-System der EADS zwar im Rennen. Doch dürfte es dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern schwerfallen, die ebenfalls verlangte "Kompatibilität mit vergleichbaren Funksystemtechniken anderer Hersteller" nachzuweisen, da es derzeit keine anderen Lieferanten von Tetrapol-Funkinfrastruktur gibt.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)