EU-Kommission fordert Verbot für 5G von "risikobehafteten Anbietern" wie Huawei

Die Vertreter der EU-Kommission sprechen sich für Maßnahmen aus, um unabhängiger beim Ausbau von 5G-Netzen zu sein. Huawei warnt.

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(Bild: Marie-Claire Koch)

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Die EU-Kommission will die EU-Staaten auffordern, ihre Abhängigkeiten von "risikobehafteten Anbietern" beim Ausbau der 5G-Mobilfunknetze zu reduzieren und fordert die Staaten und Telekommunikationsbetreiber auf, sobald wie möglich Maßnahmen zu ergreifen. Dafür haben sich die Vertreter und Vertreterinnen der Europäischen Kommission in Brüssel erneut ausgesprochen. "Ab heute wird die EU-Kommission keine Konnektivitätsdienste beschaffen, die auf Geräten von Huawei und ZTE basieren", schreibt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton auf Twitter. Huawei hat die Äußerungen bereits kommentiert und lehnt sie entschieden ab.

In anderen Bereichen wie dem Energiesektor seien die Abhängigkeiten ebenfalls erfolgreich verringert worden, sagte Breton. "Bei 5G sollte es nicht anders sein: Wir können es uns nicht leisten, kritische Abhängigkeiten aufrechtzuerhalten, die zu einer 'Waffe' gegen unsere Interessen werden könnten." Demnach sei die Entscheidung einiger EU-Länder, den Einfluss von Huawei und ZTE einzuschränken oder diese ganz auszuschließen, gerechtfertigt, wie die dpa berichtet. Im Gegensatz zu anderen Anbietern sei mit diesen ein deutlich höheres Risiko verbunden.

Huawei indes weist die Anschuldigungen entschieden zurück, zeigt aber Verständnis für das Ansinnen der EU-Kommission, Cybersicherheit zu gewährleisten. Die Marktzugangsbeschränkungen würden die Innovation hemmen, den EU-Markt verzerren und nach Ansicht des Unternehmens wirtschaftliche und soziale Risiken mit sich bringen.

Ein Unternehmen öffentlich als risikobehafteten Anbieter zu bezeichnen, verstoße zudem gegen die Grundsätze des Freihandels. Diese Diskriminierung dürfe "nicht ohne ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine angemessene Anhörung erfolgen". Cybersicherheit habe für das Unternehmen oberste Priorität.

Vom Verbot seien jeweils 50 Prozent des 5G-Antennennetzes aller Betreiber betroffen, berichtet die Wirtschaftswoche. Demnach gehen Telekommunikationsanalysen der Investmentbank Barclays davon aus, dass 2,5 Milliarden Euro anfallen würden, um die bereits mit Huawei aufgebaute Infrastruktur zu ersetzen. Für jede zu ersetzende Antenne fallen Kosten in Höhe von 50.000 Euro an. Einem von Huawei zitierten Bericht von Oxford Economics zufolge, würde ein Ausschluss von Huawei die Investitionskosten für 5G in ganz Europa um mehrere zehn Milliarden Euro erhöhen.

Laut Wirtschaftswoche wäre die Deutsche Telekom am stärksten von den Auswirkungen betroffen. Auf Nachfrage von heise online teilte ein Sprecher jedoch mit: "Wir beteiligen uns nicht an solchen Kosten-Spekulationen. Entscheidend sind die tatsächlichen Ausbauszenarien sowie die Rahmenbedingungen." Das Unternehmen setze seit Langem auf eine sogenannte Multi-Vendor-Strategie. Für jeden Bereich des Mobilfunknetzes – Kernnetz, Transportnetz, Antennennetz – kaufe das Unternehmen bei mehreren Herstellern ein. Darunter befänden sich Cisco, Juniper, Mavenir, Nokia, Ericsson und Huawei, aber auch kleinere Anbieter. In Deutschland nutze die Telekom für den 5G-Ausbau im Antennennetz "vor allem die SRAN-Bestandslieferanten Ericsson und Huawei".

Für mehr Auswahl im Antennennetz setzt die Telekom – ähnlich wie 1&1 – auf Open RAN und engagiert sich nach eigenen Angaben auch mit zahlreichen Partnern für dessen Förderung und Weiterentwicklung. "Zu Open RAN hat die Telekom Nokia und Fujitsu für den ersten gewerblichen Multi-Vendor-Einsatz in Deutschland ab 2023 und Mavenir für Europa benannt [...]. Generell prüfen wir Mobilfunkkomponenten vor dem Einbau und im laufenden Betrieb. Nach dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 als sogenannte "kritische 5G-Mobilfunkkomponenten“ eingeordnete Bauteile setzen wir nach eigener Prüfung sowie Prüfung und Erlaubnis durch das BMI und nachgeordnete Behörden ein. Bislang gab es keine Beanstandungen", sagt ein Telekom-Sprecher.

Die drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefonicá hatten 2021 freiwillig – nachdem die EU-Kommission bereits 2020 von ihrer Ansicht nach "risikobehafteten Anbietern" abgeraten hatte – auf die Verwendung von Huawei im Kernnetz verzichtet. In ihren Radio Access Netz (RAN) sei es dennoch verbaut, um die Antennen an Rechenzentren anzubinden. Ein sofortiges Entfernen von Huawei sei laut Informationen der Wirtschaftswoche ein "Worst-Case-Szenario". Sofern Huawei aus politischen Gründen ausgeschlossen würde, müsse die deutsche Regierung zudem Schadensersatz zahlen.

Nach Ansicht von Vodafone sollte die EU "bei der Bewertung von Netz-Technologien weiter auf den evidenzbasierten Ansatz der Toolbox setzen. Bei Entscheidungen über sogenannte Hochrisikolieferanten braucht es eine enge Zusammenarbeit von Politik und Industrie, um Pläne zur Risikominderung zu erstellen und die Auswirkungen auf kritische digitale Infrastrukturen zu minimieren".

Bereits 2019 war in einem Bericht zu Risiken im künftigen 5G-Mobilfunk von Bedrohungen von Staaten oder staatlich gestützten Akteuren die Rede, die möglicherweise zu andauernden und ausgefeilten Attacken auf die Sicherheit dieser Netze in der Lage sind. Seitdem habe die Telekom sich gegen chinesische Ausrüster im Mobilfunk-Kernnetz entschieden. Vor allem die USA wirft Huawei enge Verbindungen zur chinesischen Regierung vor und haben das Unternehmen mit Sanktionen belegt.

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Stellungnahme von Vodafone ergänzt

(mack)