EU: Nato soll Pipelines und Internetleitungen im Meer schĂĽtzen

Die Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines hat das Sicherheitsbewusstsein in der EU geschärft. Die Nato soll nun für den Schutz sorgen.

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(Bild: Nato)

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Von
  • Carsten Hoffmann
  • dpa
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Die Nato soll nach dem Willen von Deutschland und Norwegen Gas-Pipelines und Internetleitungen auf dem Meeresboden vor Angriffen schützen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg werde gebeten, eine Koordinierungsstelle dafür einzurichten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin bei einem Treffen mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Støre. Stoltenberg begrüßte die Initiative. Sie ist eine Reaktion auf die Sprengung der beiden Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee.

Ende September waren insgesamt vier Unterwasser-Lecks an den beiden Nord-Stream-Pipelines festgestellt worden, aus denen tagelang enorme Mengen an Gas austraten. Die Lecks befinden sich in der Nähe der Ostsee-Insel Bornholm teils in dänischen, teils in schwedischen Gewässern. Die EU und die Nato gehen von Sabotage aus. Der Kreml hatte Spekulationen über eine russische Beteiligung als "dumm und absurd" zurückgewiesen.

Scholz und Støre trafen sich vor einem gemeinsamen Auftritt auf der Berliner Sicherheitskonferenz. "Pipelines, Telefonkabel und Internetverbindung sind Lebensadern für unsere Staaten und müssen ganz besonders gesichert werden. Nicht zuletzt die Anschläge auf die Pipelines von Nord Stream 1 und 2 haben gezeigt, welche großen Risiken hier bestehen", sagte der Kanzler. Ziel müsse es nun sein, polizeiliche und militärische Kräfte effizient aufeinander abzustimmen und Akteure wie die Europäische Union und privatwirtschaftliche Unternehmen gut einzubinden.

"Es geht um die Sicherheit für Energieanlagen. Ich möchte hier keine scharfe Trennlinie ziehen, was ober und unter Wasser ist. Es geht um Gasrohrleitungen, es geht um die Telekommunikationsinfrastruktur, Glasfaserinfrastruktur und anderes", sagte Støre. "Wir brauchen einen koordinierten gemeinsamen Einsatz, um die Sicherheit für diese Infrastruktur zu gewährleisten", forderte er.

Stoltenberg sagte, er freue sich darauf, die Pläne in Berlin mit Scholz und Støre zu besprechen. "Wir haben unsere Anstrengungen nach der jüngsten Sabotage der Nord-Stream-Pipelines verstärkt. Und es ist nun entscheidend, noch mehr zu tun, um sicherzustellen, dass unsere Infrastruktur im Meer gegen weitere zerstörerische Taten gesichert ist."

Ministerpräsident Støre kündigte auch an, einen Teil der üppigen Gas-Einnahmen an die Ukraine und andere Staaten zu geben, die unter dem Krieg leiden. Norwegen profitiert als einer der größten Gas-Exporteure weltweit massiv von den steigenden Energiepreisen.

Scholz bedankte sich dafür, dass Norwegen seine Gas-Lieferungen an Deutschland um zehn Prozent erhöht habe, um das Ausbleiben russischer Gas-Lieferungen auszugleichen. Der Kanzler versicherte, dass Deutschland aus der russischen Aggression gegen die Ukraine Lehren "für den Schutz unseres eigenen Landes und unserer Verbündeten gezogen" habe.

Er habe der Führung der Bundeswehr gesagt, der Kernauftrag sei die Landes- und Bündnisverteidigung und die Verteidigung der Freiheit in Europa. "Alle anderen Aufgaben unserer Streitkräfte leiten sich daraus ab. Alle anderen Aufgaben ordnen sich diesem zentralen Auftrag unter", sagte Scholz. "Kein Aggressor darf jemals daran zweifeln, dass wir fest entschlossen sind, jeden Alliierten und jeden Zentimeter des Bündnisgebietes mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften zu verteidigen."

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht versicherte Verbündeten und Partnern, dass Deutschland mit den 100 Milliarden Euro Sonderverschuldung verteidigungsfähige Streitkräfte aufbaue. Mit der Vernachlässigung der Bundeswehr müsse Schluss sein. "Wir dürfen so nicht weitermachen. Deswegen ist es wichtig, dass es eine ganz klare Ansage gab", sagte Lambrecht. "Wir werden dafür sorgen, dass die Bundeswehr in Zukunft in der Lage ist, die Landes- und Bündnisverteidigung sicherzustellen und dafür aber auch entsprechend ausgestattet sein kann durch ein Sondervermögen, ein Sondervermögen in einer Größenordnung von 100 Milliarden Euro."

Sie bekräftigte weitere Unterstützung für die Ukraine und die Nato-Verbündeten an der Ostflanke. Lambrecht: "Für uns Deutsche ist es wichtig, dass unsere Alliierten wissen, sie können sich auf uns verlassen. Wir sind treue Partner und vor allen Dingen auch sehr engagierte Partner."

Bei der Konferenz sprechen noch bis Donnerstag zahlreiche ranghohe Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und den Streitkräften verbündeter und befreundeter Staaten. Die Organisatoren bezeichnen das Treffen als erste große Konferenz dieser Art seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar.

(olb)