Ein Blitz und große Gläser – die Fotonews der Woche 7/2023

Für gute Fotos muss man manchmal lange auf der Lauer liegen – und für neue Kameras noch länger. Mehr Wettbewerb gibt es dagegen bei den Objektiven.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen

Es taut endlich - Beispielbild von Sigma mit dem 50mm F1.4 DG DN.

(Bild: Maike Wittreck, Sigma)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

"Dummerweise weiß man nie vorher, wo einer einschlägt", sagt Doc Brown im Filmklassiker "Zurück in die Zukunft" über Blitze – also, über das Wetterphänomen, nicht über die kontrollierbare Lichtquelle von Fotografen. Man kann jedoch immer davon ausgehen, dass bei Gewitter an einer hohen Position recht wahrscheinlich ein Blitz einschlägt.

c't Fotografie 3/24

Und welche wäre da besser geeignet als die Christusstatue in Rio de Janeiro? Zusammen mit dem Berg Corcovado und dem Sockel liegt der Kopf des Jesus 748 Meter hoch über der Stadt, ein wahrer Blitzmagnet. Das dachte sich auch Fernando Braga schon seit Jahren, für den nun, wie er Petapixel sagte, "ein Traum wahr geworden ist". Ihm gelang zwar nicht das erste, aber ein besonders beeindruckendes Bild vom Einschlag eines Blitzes in die Statue.

Dafür musste er nach vielen gescheiterten Versuchen am 10. Februar 2023 drei Stunden warten und 500 Langzeitbelichtungen vornehmen. Für den Treffer belichtete die Nikon D800 bei ISO 100 dann 13 Sekunden lang. Die Kamera hatte sich Braga, wie er auf Instagram schreibt, vor einem Jahr von seinem Vater ausgeliehen, sonst arbeitet er mit einer D750. Woher das Objektiv, ein 70-200 f/2.8 stammt, gibt er nicht an.

Dafür gibt es aber auch ein Zeitraffervideo des Gewitters mit noch mehr Blitzen und auf seiner Webseite das Bild in höherer Auflösung. Die Aufnahme ging schnell viral, man kann sich die zahlreichen anderen YouTube-Videos dazu aber sparen. Sie erklären unter anderem lang und breit die Geschichte der Statue. Wichtiger zu wissen wäre, ob die Statue bei der Entladung beschädigt wurde, wie das unter anderem 2014 durch einen Blitz geschah. Dazu findet sich in brasilianischen Leitmedien zum Glück nichts – Christus, der Erlöser, wie das Monument offiziell heißt, hat nämlich seitdem einen neuen Blitzableiter.

Für solche Aufnahmen braucht es lichtstarke Objektive. Fernando Braga setzt bei seinen Blitzexperimenten auch ein 50 Millimeter mit Blende f/1.8 ein. Gutes Glas kostet gutes Geld, zumindest bei den Originalherstellern. Und im Fall von Nikon gibt es keine größere Blende als f/1.4 mit 50 Millimetern Brennweite – aber von zahlreichen Drittherstellern wie Sigma oder Samyang, die zudem viel weniger kosten. Da die für spiegellose Systeme entwickelten 50er nochmals deutlich teurer geworden sind, lohnt sich ein Blick in unseren Test dieser "Normalbrennweite" genannten Objektive von anderen Anbietern.

Die taugen nämlich nicht nur für Porträts mit sehr weich verlaufendem Hintergrund, sondern eben auch für Spezialsituationen wie die Blitzjagd bei Nacht. Das Handling des Fokus ist nicht immer einfach. Die Schärfentiefe bei Offenblende beträgt zum Teil nur wenige Zentimeter. Profis behelfen sich auf Veranstaltungen beispielsweise mit einem Systemblitz bei geringster Leistung, der den Autofokus unterstützt und als kleiner Aufheller dient. Unschlagbar sind die großen Gläser auch bei Videos: Der klassische "Film-Look", der für das Kino bis heute meist mit manuellem Fokus gestaltet wird, lässt sich auch mit preiswerten Kameras erzielen, wenn die richtige Optik aufgeschraubt ist.

Die Suche nach bezahlbarem Material wird immer schwieriger, denn die Kamerabranche kennt nur einen übergeordneten Trend: höhere Preise. Das wurde durch die Marktzahlen für das Gesamtjahr 2022 deutlich, welche der japanische Verband CIPA jetzt veröffentlichte. 69 Prozent der verkauften Systemkameras waren im vergangenen Jahr spiegellose Geräte, sie machten dabei 89 Prozent des Umsatzes aus. Bei den Objektiven unterscheidet die CIPA nicht zwischen Modellen für DSLRs und DSLMs, aber wie in der letzten Woche beschrieben langen die Firmen auch hier verstärkt zu. Das ist – oberflächlich gesehen – zwar der weiterhin angespannten Weltlage geschuldet, aber wohl auch Gewinnmaximierung. Immerhin stellt sich die Branche für die Zukunft aber solide auf, unter anderem plant Nikon ein neues Werk in Japan, nicht mehr in anderen asiatischen Ländern mit geringeren Lohnkosten.

Mehr Klarheit in der Produkt- und Preispolitik ist für die kommende Woche zu erwarten, denn dann startet in Yokohama mit der CP+ die wichtigste Messe des Jahres. Und natürlich gibt es die ersten Gerüchte über neues Gerät, etwa zu Festbrennweiten und Zooms von Tamron. Hier geht aber vieles durcheinander, sodass wir uns die Details sparen. Und sowohl Canon, Nikon sowie Sony haben erst kürzlich neue Kamera-Bodies vorgestellt, sodass die großen Knaller wohl diesmal bei der CP+ nicht zu erwarten sind.

Vor allem von Nikon steht noch eine Z8 aus, die aber nach unbestätigten Angaben noch nicht auf der Messe vorgestellt werden soll. Aber für Überraschungen und häppchenweises Marketing ist insbesondere diese Firma immer gut, wie sich auf der ersten Messe des Jahres, der CES zeigte. Dort wurden zwei neue Objektive nur mit "Coming Soon" gezeigt, und genau vier Wochen später mit Preis und Daten angekündigt – lieferbar sollen sie aber wiederum erst einen Monat später sein.

Einem Dauerthema wird sich auch die CP+ nicht entziehen können – der massenhaften Verwendung von fremden Bildern zum maschinellen Lernen für KI-Bildgeneratoren wie Stable Diffusion oder Midjourney. Hier laufen Klagen, wenige politische Bemühungen, und daher nun ein technischer Wettkampf. Aufsehen erregt das US-Forschungsprojekt Glaze, das, wie der Name sagt, eine Art von Glasur über digitale Bilder legen will, an der die KI-Mechaniken nicht vorbeikommen. Für Menschen soll das nicht sichtbar sein. Ein wenig erinnert das an den Kopierschutz für physische Medien wie CDs und DVDs in den 1990er Jahren, der letztendlich gescheitert ist – aber nur durch bessere Angebote wie unkomplizierte Dateidownloads und Streaming. Eine ähnliche Lösung für das generierte Bilder ist noch nicht in Sicht.

(cbr)