EuroHawk: Ein "fundamentales Missverständnis"

Der Bundesverteidigungsminister verteidigte die Entscheidung, das umstrittene Drohnen-Projekt zu stoppen, gestand aber auch Fehler ein. Persönliche Konsequenzen schloss er allerdings aus.

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Von
  • Detlef Borchers

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat am Mittwoch in Berlin den Sachstandsbericht zum EuroHawk vorgelegt und dabei erneut die Entscheidung verteidigt, das Gesamtprojekt zu stoppen. Sie sei zu einem richtigen Zeitpunkt erfolgt, obwohl die Entscheidungsprozesse sehr fehlerhaft gewesen seien, sagte de Mazière. Die Zusammenarbeit mit dem Hersteller Northrop Grumman und dem US-Verteidigungsministerium habe von Anfang bis Ende auf einem "fundamentalen Missverständnis" beruht.

Thomas de Maizière, Bundesverteidigungsminister.

(Bild: Laurence Chaperon (CC BY-SA 3.0 DE))

Für einen sich selbst als "Aktenfresser" bezeichnenden Politiker ist die Affäre um das EuroHawk-Debakel eine schwere Niederlage. Zum ersten Mal habe er von Zulassungsproblemen beim EuroHawk im März 2012 erfahren. Doch habe er sich nicht weiter darum gekümmert, bis er am 10. Mai 2013 von der gesamten Dimension des Problems unterrichtet worden sei, erklärte de Maizière vor der Bundespressekonferenz in Berlin. "Das entspricht zwar der gelebten Tradition des Verteidigungsministeriums, gleichwohl ist es nicht in Ordnung."

Das Aus für den EuroHawk sei dennoch zum richtigen Zeitpunkt gekommen: Hätte man das Projekt im Jahre 2012 gestoppt, wäre das ISIS genannte SIGINT-Modul nicht fertig geworden, weil da die Arbeiten abgebrochen worden wären. Dieses Modul sei nun "eines der besten der Welt", führte der Minister weiter aus. Bis Ende September 2013 soll ISIS im EuroHawk getestet werden, der nächste Testflug sei bereits für den morgigen Donnerstag angesetzt. Beim ISIS müsse jetzt beispielsweise getestet werden, wie sich Vibrationen des Flugkörpers auf die SIGINT-Systeme auswirken.

Bis Ende des Jahre versprach de Maizière eine Liste zulassungsfähiger Alternativen, in denen ISIS zum Einsatz kommen könnte. Auf ISIS entfielen 260 der für das Projekt EuroHawk insgesamt veranschlagten 652 Millionen Euro, rechnete der Minister vor und betonte, dass der Schaden entsprechend geringer ausfalle. Es seien zudem keine Gewährleistungspflichten abgelaufen.

Welche Auswirkungen der Stopp beim EuroHawk auf das Advanced Ground Surveillance (AGS) der NATO hat, werde derzeit geprüft. Mit Italien als Zulassungsbehörde für die Baureihe der GlobalHawks der NATO werde man sich auf eine gemeinsame Zulassungsanordnung einigen.

Persönliche Konsequenzen will de Maizière nicht ziehen. Er wolle eine neue Fehlerkultur im Verteidigungsministerium etablieren: "Dazu brauche ich einige Jahre". Als erste Konsequenz aus dem Debakel werde eine neue militärische Zulassungsbehörde errichtet, die neue Beschaffungsverfahren unter Aufsicht einer Task Force entwickeln soll. Außerdem sollen zu allen großen Vorhaben wie Eurofighter oder A400M regelmäßige Statusberichte erstellt und an die entsprechenden Ausschüsse verteilt werden. Auf die erstaunte Nachfrage, warum erst jetzt diese Statusberichte eingeführt werden, erklärte de Maizière, solche für das Projektcontrolling geschriebenen Berichte seien sehr technisch und nichts für Politiker.

Meldungen, nach denen der Hersteller Northrop Grumman eine Zulassung des EuroHawks für 160 bis 193 Millionen Euro durchführen könnte, kommentierte de Maizière unter Verweis auf ein Gutachten der Firma IABG ("das ist so eine Art Fraunhofer für uns"), das die Kosten von 500 bis 600 Millionen für die Zulassung "schlüssig" errechnet habe.

Vor seinem Auftritt vor der Presse hatte de Maizière bereits dem Verteidigungsausschuss anderthalb Stunden lang Rede und Antwort gestanden, danach folgte ein Auftritt im Bundestag. Noch später ist eine Sitzung mit dem Haushaltsausschuss geplant. Das Interesse ist groß, wie es zu dem fundamental teuren Missverständnis kommen konnte. (dbe)