FISA: US-Repräsentantenhaus stimmt für verschärfte Massenüberwachung

Die US-Abgeordneten wollen Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) verlängern und aufbohren. Bürgerrechtler sind entsetzt.

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(Bild: Andrii Yalanskyi/Shutterstock.com)

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Derber Rückschlag für Verfechter einer einhegenden Reform von Kernbefugnissen der US-Sicherheitsbehörden zur Massenüberwachung: Das US-Repräsentantenhaus hat am Freitag mit 273 zu 147 Stimmen beschlossen, den umstrittenen Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) um weitere zwei Jahre zu verlängern und sogar zu verschärfen. Groß war die Meinungsverschiedenheit in der Abgeordnetenkammer des US-Kongresses dabei vor allem darüber, ob Ermittler und Agenten künftig einen Durchsuchungsbeschluss einholen sollten, bevor sie nach Informationen über US-Bürger suchen, die von dem Überwachungsprogramm erfasst werden. Bei einem entsprechenden Änderungsantrag gab es mit 212 zu 212 Stimmen ein Patt. Das bedeutet, dass auch künftig keine gerichtliche Anordnung nötig sein soll.

Der Anfang 2018 für mehrere Jahre und zuletzt Ende 2023 für ein paar Monate verlängerte Artikel des Gesetzes zur Überwachung im Rahmen der Auslandsaufklärung erlaubt es Sicherheitsbehörden wie der NSA und dem FBI, von nationalen Unternehmen, Ämtern und Einrichtungen wie Telekommunikationsanbietern oder Bibliotheken E-Mails und andere Daten ihrer Kunden anzufordern. Allein 2021 durchsuchte das FBI bis zu 3,4 Millionen Mal Daten auf Basis von "Section 702", um die Kommunikation auch von US-Bürgern zu inspizieren. Bei diesen Überwachungsmaßnahmen kommt es immer wieder zu Fehlern und Missbrauch.

Die Abgeordneten befürworteten nun auch mehrere Änderungsanträge aus dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, um die Überwachung noch auszuweiten. So fassten sie die Definition von "Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste" weiter. Darunter fallen nun auch Dienstleister, die lediglich Zugang zu Geräten vermitteln, auf denen Kommunikation gespeichert oder übertragen wird. Dies wird nach Ansicht von Kritikern dazu führen, dass eine Vielzahl weiterer Unternehmen künftig FISA-702-Ersuchen unterliegen könnten wie gewerbliche Vermieter, Cloud-Anbieter und Server-Hoster.

Die Kammer hat zudem einen Antrag gebilligt, der das Rastern von Daten für alle in die USA einreisenden Nichtstaatsangehörigen erlaubt. Dies dürfte dazu beitragen, dass vielen Personen, die keine Gefahr darstellen, die Einreise verweigert wird. Andere befürwortete Maßnahmen sollen mehr Kontrolle über das Programm bringen. Der Gesetzentwurf sieht nun beispielsweise vor, dass für den FISA zuständige FBI-Mitarbeiter künftig eine jährliche Schulung absolvieren müssen. Datenauswertungen sollen ferner vorab genehmigt werden, wenn sie etwa US-Politiker, Präsidentschaftskandidaten und US-Medienorganisationen betreffen.

Das Weiße Haus hatte sich zuvor – auch im Sinne eines seiner Beratungsgremien – vehement gegen die zusätzliche Hürde einer Richtererlaubnis ausgesprochen. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Republikaner Michael Turner, warnte im Plenum, al Qaida oder Kommunisten könnten viel einfacher Mitglieder anwerben, falls Anordnungen gerichtlich überprüft werden müssten.

Obwohl bereits Demonstranten, Gesetzgeber, Tausende von Wahlkampfspendern und Journalisten ausgespäht worden seien, habe das Repräsentantenhaus dem FBI und den Geheimdiensten einen Blankoscheck für weiteren Missbrauch ausgestellt, moniert Jake Laperruque von der US-Bürgerrechtsorganisation Center for Democracy & Technology (CDT). Mit den Verschärfungen öffneten die Abgeordneten die Büchse der Pandora und gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit der US-Cloud-Industrie. Abschnitt 702 war für den Europäischen Gerichtshof nach den Snowden-Enthüllungen einer der Gründe, um bereits zweimal Abkommen zum transatlantischen Datenverkehr wie den Privacy Shield zu kippen. Der Senat muss der Initiative kommende Woche noch zustimmen, damit die Klausel nicht am 19. April ausläuft.

(ea)