Flexibles Glas und wahre Monsterlinsen – die Fotonews der Woche 22/2023

Nach den Kameras kommen die Objektive – Nikon ist schon da, und Sigma zieht wohl nächste Woche nach. Ungeklärt bleibt vorerst, wem ein KI-Bild wirklich gehört.

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Das Cover des Albums "Master of Puppets" wurde mit KI am Rand ergänzt, das Gesamtbild zeigt nun eine Torte.

Die Kreuze sind für die KI aus Sahne und gehören auf eine Torte. Die originale Intention des Albumcovers war jedoch ein Soldatenfriedhof.

(Bild: KI-generiert von Dobrokotov, Screenshot: Heise Online)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Alles neu machte der Mai, und in der Tat gab es in den letzten Wochen so viele Kameras in kurzer Zeit wie schon lange nicht mehr. Da sich in der kleinen Branche, die von japanischen Marken dominiert wird, jeder gegenseitig beobachtet, wird das Zubehör dann vorgestellt, wenn die Aufmerksamkeit wieder frei ist. Und das ist jetzt geschehen und wird sich im weiteren Verlauf des Juni fortsetzen.

c't Fotografie 3/24

Zuerst hat nun Nikon tatsächlich erst fünf Jahre nach der Einführung des Z-Bajonetts für seine spiegellosen Kameras die erste Festbrennweite für APS-C-Sensoren vorgestellt. Das Nikkor Z DX 24mm f/1.7 hat auf Kleinbild umgerechnet etwa 36 Millimeter Brennweite und kostet 320 Euro. Der Preis ist bemerkenswert, denn insbesondere Nikon langte in den letzten Monaten recht überzogen zu, wenn es ums Geld für Glas ging. Wer das kurze Objektiv dagegen mit Klassikern wie dem motorlosen Plastikbomber 50mm f/1.8D (ab 159 €) für APS-C-DSLRs vergleicht, das schon mal unter 130 Euro kostete, tut dem neuen Objektiv unrecht.

Zum einen, weil die neue Konstruktion mit neun Linsen in acht Gruppen bei nur 40 Millimetern Länge ebenso anspruchsvoll wie kompakt ist. Und wasserfest noch dazu. Zum anderen aber vor allem, weil die netto 36 Millimeter eben gerade auf der Straße und für leichtes Makro – 18 Zentimeter Naheinstellgrenze reichen da oft noch – einen ganz anderen Blickwinkel als die herkömmlichen Fuffziger ermöglichen. Design und Vlogging sind natürlich als Trends berücksichtigt worden, nicht umsonst zeigt Nikon das neue 24 Millimeter oft an der kleinen Z30. Das Objektiv ist eben nicht nur eine typische Porträtbrennweite, sondern mit modernen Gehäusen recht flexibel.

In ganz andere preisliche Sphären soll nach unbestätigten Angaben in der kommenden Woche Sigma vorstoßen. Sicher ist nur, dass es am 8. Juni 2023 eine Präsentation gibt, den entsprechenden YouTube-Stream hat Sigma schon angelegt. Dass dort dann 14mm F1.4 DG DN Art fürs Vollformat angekündigt werden soll, will die oft zuverlässige Gerüchteseite Asobinet erfahren haben. Das soll ein neuer Lichtriese werden, und über 1100 Gramm wiegen. Erscheinen soll das Objektiv, das unter anderem für Astrofotografie Maßstäbe setzen könnte, zuerst für Sonys E-Mount. Und da ist dann Sonyalpharumours nicht weit. Ihnen zufolge soll das Objektiv, so wörtlich, "sehr teuer, selbst für Sigma-Verhältnisse" werden. Vergleichbare Objektive von den Originalherstellern kosten deutlich über 1000 Euro.

Die in der vergangenen Woche freigeschaltete KI-Bildergänzung für Adobes Photoshop wird natürlich von Fotografen in aller Welt fleißig ausprobiert. Die Ergebnisse reichen von beeindruckend bis zu bizarr und lustig. Wo die Grenzen dessen liegen, was maschinelles Lernen als Kontext von einem Bild versteht, zeigte nun der Twitter-Account Dobrokotov. Der ließ das Cover des Metallica-Albums "Master of Puppets" an den Rändern ergänzen. Und, wenn wir der Erzählung mal glauben wollen, die KI – nicht unbedingt von Adobe – hielt dann die eigentlich bedrückende Szene mit den weißen Kreuzen auf einem Soldatenfriedhof für einen Bildausschnitt aus der Darstellung einer Torte. Und ergänzte statt der Kreuze Verzierungen aus Sahne- oder Cremetupfern. Folglich nannte der Künstler das Bild auch "Sahnehäubchen", was so kreativ wie kundig ist, wird die Platte von 1986 doch häufig zum besten Metal-Album aller Zeiten gewählt.

Dass die Band und ihre Vertreter Recht an diesem KI-Bild geltend machen könnten, erscheint in diesem Fall recht naheliegend, schließlich ist das Originalcover darin enthalten. Wenn aber die Quelle nicht so klar erkennbar ist, wird die Sache schon schwieriger. Während Adobe klipp und klar verspricht, dass man die Bilder aus seiner KI – weil auf Basis der eigenen Stock-Fotos – auch kommerziell verwerten kann, ist das bei anderen Anbietern weiterhin unklar. Wer könnte da Licht in die Rechtslage bringen? Für die USA natürlich das United States Copyright Office (USCO) dachten sich die Kollegen von Petapixel.

Und wohl, weil derzeit alles rund im KI im Fluss ist und sich rasend schnell entwickelt, verweigerten die Copyright-Beamten eine allgemeingültige Aussage. Vielmehr verwies man auf einen Fall, in dem einer Graphic Novel der Copyright-Schutz aberkannt wurde, und zwar aus einem der üblichen juristisch spitzfindigen Gründe: Zwar könne das Werk als Ganzes als menschliche Schöpfung geschützt werden, aber nicht die einzelnen mit Midjourney erstellten Bilder, heißt es in einer früheren Stellungnahme der USCO. Die gesamten Hintergründe der Diskussion, wem die neuen Bilder gehören, hat Petapixel in unserer Empfehlung für den Long Read zum Wochenende beleuchtet.

(nie)