Für Soft-Roboter und Implantate: Forscher entwickeln Magnet-Gel ohne Metall

Ein magnetisches Gel auf Kohlenstoffbasis ohne Metall könnte in der Soft-Robotik eingesetzt werden – insbesondere im Bereich medizinischer Anwendungen.

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(Bild: Brenda Ahearn / Michigan Engineering)

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Ein Wissenschaftsteam der University of Michigan und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme haben gemeinsam ein magnetisches, metallfreies Gel entwickelt, aus dem ein flexibler und langlebiger Magnet für die Soft-Robotik hergestellt werden kann. Das Gel kann auch dazu verwendet werden, Implantate zu bauen, die magnetisch im Körper gesteuert werden.

Das neuartige Material ist das erste, bei dem magnetische Moleküle auf Kohlenstoffbasis chemisch an das molekulare Netzwerk eines Gels gebunden werden, schreiben die Forschenden in ihrem wissenschaftlichen Paper "Macromolecular radical networks for organic soft magnets", das in der Fachzeitschrift Matter veröffentlicht ist. Verwendet werden soll es, um Roboter aus flexiblen Materialien herzustellen, die verformbar sind, mit empfindlichen Objekten umgehen und Orte erkunden können, die herkömmliche Roboter nicht erreichen. Die Forscher nennen als Beispiele Geräte, die etwa in der Tiefsee eingesetzt und durch den Druck nicht zerquetscht werden, sowie Roboter, die in den menschlichen Körper eingebracht werden können, ohne das menschliche Gewebe zu beschädigen. Herkömmliche Magnete sind dafür in der Regel nicht flexibel genug und könnten für medizinische Anwendungen zu giftig sein.

Diese Roboter auf Grundlage des magnetischen Gels können etwa durch Magnetfelder bewegt werden. Herkömmliche Roboter, die häufig mittels elektrischer oder hydraulischer Aktuatoren bewegt werden, eignen sich nicht für alle Anwendungsgebiete. Das Gel dagegen sei eine ungiftige Alternative und eigne sich auch für medizinische Anwendungen. Mit Änderungen an der chemischen Struktur des Magneten, könnte erreicht werden, dass es sich im Körper und in der Umwelt selbstständig abbaut. Ein Anwendungsbeispiel dafür seien etwa Kapseln mit biologisch abbaubaren Magneten, die im menschlichen Körper eingebracht und zur Medikamentengabe an verschiedene Stellen des Körpers über externe Magnetfelder gesteuert werden können.

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"Wenn diese Materialien im Körper sicher abgebaut werden können, muss man sie später nicht durch einen weiteren chirurgischen Eingriff herausholen", sagt Abdon Pena-Francesch, Assistenzprofessor für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen am Robotics Institute der University of Michigan. "Das ist noch ziemlich explorativ, aber diese Materialien könnten eines Tages neuere, billigere medizinische Operationen ermöglichen."

Das Gel besteht komplett aus Molekülen auf Kohlenstoffbasis, dessen Hauptbestandteil das TEMPO-Molekül (2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl) ist. Es besitzt ein freies Elektron, das nicht mit einem anderen Elektron innerhalb einer Atombindung gepaart ist, schreiben die Wissenschaftler. Der Spin jedes ungepaarten TEMPO-Elektrons, das sich im Gel befindet, richtet sich unter einem Magnetfeld aus, sodass das Gel von anderen magnetischen Materialien angezogen wird.

Zusätzlich enthält das Gel Vernetzungsmoleküle, die die TEMPO-Moleküle zu einer festen Netzwerkstruktur verbinden und sie wie eine Art Schutzkäfig umgibt. Das verhindert, dass die ungepaarten Elektronen Bindungen eingehen, die die magnetische Wirkung des Gels aufheben würden.

Ganz neu ist dieser Ansatz nicht. In früheren Studien wurden diese magnetischen Moleküle bereits in ein Gel eingebracht. Sie wurden allerdings nicht fixiert, sodass sie "ausgespült" werden konnten. Der jetzige Ansatz mit der Integration der magnetischen Moleküle in ein vernetztes Gel-Netzwerk fixiert sie. Ein Entweichen der potenziell schädlichen TEMPO-Moleküle, etwa wenn das Gel im menschlichen Körper eingebracht wird, ist so nicht mehr möglich.

Das magnetische Gel behält seine Magnetkraft nach aktuellem Stand etwa für mehr als ein Jahr bei, schreiben die Wissenschaftler. Dabei sei das Magnetfeld jedoch schwächer als bei herkömmlichen Magneten. Es reiche allerdings aus, um die TEMPO-Magneten mit einem anderen Magneten zu bewegen und zu verformen.

Außerdem haben die schwächeren magnetischen Eigenschaften auch einen Vorteil: Sie können mittels MRT im menschlichen Körper, etwa bei Anregung des Magen-Darm-Trakts, zur Kontrolle verfolgt werden. Mit Metallmagneten sei dies aufgrund der stärkeren magnetischen Eigenschaften nicht möglich, weil die MRT-Bilder dadurch stark verzerrt werden.

(olb)