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Future Parc: Mit Infrarot und Ultraschall Barrieren überwinden

Eine "Ultraschallbrille" soll Blinde vor Hindernissen warnen; mit Infrarot verfolgt ein anderes Gerät die Augen Sehender, die damit ohne Tastendruck Computer steuern können.

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Eine "Ultraschallbrille" soll Blinde vor Hindernissen warnen, mit Infrarot verfolgt ein anderes Gerät die Augen Sehender, die damit ohne Tastendruck Computer steuern können. Beide Exponate finden sich auf der CeBIT unweit voneinander im Future Parc in Halle 9.

Die schwedische Firma Tobii Technology zeigt am Stand B10 ihre "Eye Tracker". Während die Idee der Verfolgung von Blickbewegungen prinzipiell nicht neu ist, sei das Produkt "der einzige Eye Tracker, der alle Auge kriegt", betonte Nicolas Pezzarossa, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung gegenüber heise online, unabhängig von möglichen Irritationen wie "verschiedene Augenfarben, Brille, Kontaktlinsen oder Kajal-Make-up." Der Eye Tracker ist hinter einem dunklen Panel eingebaut, das 20 × 5 cm misst. Er sendet infrarotähnliches Licht aus, das von den Augen des Betrachters reflektiert wird. Diese Reflexion wird gemessen und ermöglich den Rückschluss auf die Blickrichtung. Wird der Eye Tracker am unteren Rand eines Computerbildschirms eingebaut, lässt sich der Computer ganz ohne Tasten- oder Mausdruck steuern. Der Kopf des Betrachter darf sich dabei innerhalb eines etwa 40 × 20 × 30 cm umfassenden Bereichs bewegen.

Der Klick wird je nach Einstellung durch einen längeren Blick auf einen Punkt (zum Beispiel 200 ms) oder durch bestimmtes Augenblinzeln ausgelöst. Eine Kalibrierung für Anwender soll ebenso wenig erforderlich sein wie eine Schulung der Benutzer. Körperbehinderte würden die Technologie seit Jahren mit Erfolg einsetzen, so Pezzarossa. Auch im medizinischen Bereich, etwa in sterilen Umgebungen, sei die berührungslose Steuerung im Verwendung. Daneben gäbe es zahlreiche weitere Einsatzszenarien wie bei der Analyse der Augenbewegungen von Flugzeugfüheren, bei der Betrachtung von Produkten in Kaufhäusern oder der Analyse des Leseverhaltens bei Websites oder Printmedien. Eine gesundheitliche Gefährdung der Augen durch die Infrarotbestrahlung sieht Pezzarossa nicht, weil das Licht sehr schwach sei. Um etwa die bei Stahlarbeitern bekannten Linsentrübungen zu erleiden, müsste man 1500 Jahre in den Eye Tracker blicken. Aufgrund noch geringer Stückzahlen ist das Tobii-System nicht ganz billig. Flachbildschirme mit Eye Tracker und Software zur Unterstützung der Kommunikation Schwerbehinderter sind ab 15.000 Euro verfügbar.

Mit etwa 400 Euro in einer anderen Preisklasse angesiedelt ist der Sonovisor für Blinde, der vom Augenarzt Amin Gamael an der Universität Greifswald (Stand C15) erfunden wurde. Der Apparat wird wie eine Brille auf Nase und Ohren getragen und sendet Ultraschall aus. Wird dieser in einer Entfernung von 0,5 m (Kopfhöhe) bis 7 m (Bodenhöhe) von einem Hindernis reflektiert, hört der Träger einen speziellen Ton und kann die Entfernung zum Hindernis anhand der Tonhöhe erkennen. Blinde würden das System bereits nach etwa einer halben Stunden Training nutzen können, Sehende bräuchten rund drei Stunden.

Der Sonovisor soll in zwei bis drei Monaten in Serienproduktion gehen; das Verfahren zur medizinischen Zulassung läuft. Eine spätere, zweite Version wird über einen zuschaltbaren "Hausmodus" verfügen, der eine höhere Auflösung im 1-Meter-Bereich bietet. Derzeit laufen auch Versuche, Reflexionen unterschiedlicher Materialien wie Textil, Stahl oder Holz durch unterschiedliche Töne hörbar zu machen.

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(Daniel AJ Sokolov) / (vbr)