G20-Staaten wollen das Potenzial von Daten "vollständig ausschöpfen"

Die führenden Industrie- und Schwellenländer haben auf dem G20-Gipfel in Osaka für einen "vertrauensvollen freien Datenverkehr" und eine Ethik für KI plädiert.

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Gefahren aus dem Netz

(Bild: dpa, Ole Spata/Archiv)

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Lange war aufgrund des Streitpunks Klimaschutz in der Schwebe, ob sich die Staats- und Regierungschefs beim G20-Gipfel in Osaka überhaupt auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen können. Am Samstag stand das Kommuniqué dann aber doch nebst einem Bekenntnis zur "Unumkehrbarkeit des Paris-Abkommens und dessen uneingeschränkter Umsetzung", um den Ausstoß von Treibhausgasen weiter zu reduzieren. Die USA distanzierten sich von diesem Teil des finalen Papiers. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstrich dagegen, dass hier "in gewisser Weise" noch nachgeschärft werden müsse, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Einen Schwerpunkt der Debatten bildete auch die Digitalisierung und ein in die Wege geleiteter "Osaka-Prozess" zum E-Commerce. In der Erklärung versprechen die führenden Industrie- und Schwellenstaaten inklusive der EU, hier auf "inklusive, nachhaltige, sichere, vertrauenswürdige und innovative Gesellschaft hinarbeiten" zu wollen. Die "effektive Nutzung von Daten" spiele dabei "eine entscheidende Rolle", da sie Wirtschaftswachstum, Entwicklung und soziales Wohlergehen ermögliche.

"Wir wollen die internationale politische Diskussion und Anstrengungen zur Festlegung internationaler Regeln fördern, um das Potenzial von Daten vollständig auszuschöpfen", heißt es in dem Schlussdokument. Der angestrebte "vertrauensvolle freie Datenverkehr" über Grenzen hinweg werde "das Potenzial der Digitalwirtschaft vollständig zur Entfaltung bringen". Dabei gelte es, die "Interoperabilität unterschiedlicher Rahmenwerke" wie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder der Verordnung zum freien Verkehr nicht-personenbezogener Informationen der EU zu fördern.

Risiken beim Umgang mit den wachsenden Datenmengen etwa aus vernetzten Geräten streifen die Staatenlenker nur. Grenzüberschreitende Daten-, Informations-, Ideen- und Wissensströme sorgen ihnen zufolge vor allem "für eine höhere Produktivität, mehr Innovationen und nachhaltigere Entwicklung". Sie brächten "jedoch gleichzeitig Herausforderungen in Bezug auf Privatsphäre, Datenschutz, Rechte des geistigen Eigentums und Sicherheit mit sich", heißt es in einem Nebensatz.

Um "Innovationen in der digitalen Wirtschaft" voranzutreiben, wollen die G20-Länder zudem "regulatorische Sandkästen" für das Testen neuer Techniken und Geschäftsmodelle einrichten und sich stärker über bewährte Verfahren für wirksame, agile sowie flexible Politik- und Regulierungsansätze austauschen. Sie betonten dabei: Auch der verantwortungsvolle Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) könne dazu beitragen, "die Ziele für nachhaltige Entwicklung voranzubringen und eine nachhaltige und integrative Gesellschaft zu schaffen".

Um Vertrauen und Akzeptanz der Öffentlichkeit hinsichtlich einschlägiger Technologien zu stärken und deren Potenzial ebenfalls "voll und ganz auszuschöpfen", bekennen sich die Unterzeichner zu einem KI-Ansatz, "in dessen Mittelpunkt der Mensch steht". Sie haben sich dazu auf – allerdings nicht-bindende – Grundsätze verständigt, die sich aus den vergleichsweise ohnehin schon vagen OECD-Empfehlungen zu Künstlicher Intelligenz (KI) ableiten. Demnach sollten KI-Systeme etwa so konzipiert werden, "dass sie das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, demokratische Werte und die Vielfalt achten", sowie transparent sein.

"Damit wir alle von der Digitalisierung profitieren können, stehen wir für ein offenes, freies und sicheres Internet ein", geloben die G20-Mitglieder zudem in einer Zusatzerklärung, mit der sie nach dem Christchurch-Anschlag dem Missbrauch des Netzes für Terrorismuspropaganda und Extremismus entgegentreten wollen. Das Online-Medium darf demnach "kein sicherer Ort sein, wo Terroristen für Terroranschläge rekrutieren", zu Anschlägen anstiften oder solche vorbereiten können.

Online-Plattformen wie Facebook oder Twitter müssen dem Papier zufolge "dort, wo terroristische Inhalte hochgeladen oder live gestreamt werden, diese zeitnah angehen, um eine Verbreitung zu verhindern". Dabei müsse aber sichergestellt werden, "dass Beweismaterial erhalten bleibt". Zu beachten seien zudem das nationale Recht und Völkerrecht einschließlich der Menschenrechte und Grundfreiheiten wie freie Meinungsäußerung und der Zugang zu Informationen.

Der deutsche eco-Verband der Internetwirtschaft und die Internet Infrastructure Coalition (i2Coalition) mit Sitz in Washington begrüßten die Osaka-Initiative prinzipiell und warben dafür, vor allem den transatlantischen Datenschutz noch jenseits des umstrittenen Privacy Shield zwischen der EU und den USA zu "synchronisieren". Ihnen wäre ein "gegenseitiges Datenschutzabkommen am liebsten, "das langfristige Rechtssicherheit für Unternehmen schafft und gleichzeitig eine effektive Regulierung zum Schutz" persönlicher Informationen biete. (olb)