Gasumlage: Sozialverband VdK und Mieterbund befürchten zu hohe Belastungen

Menschen mit wenig Einkommen könnten durch die Gasumlage große Probleme bekommen. Diese müssten geschützt werden, meinen Mieterbund und der Sozialverband VdK.

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(Bild: Shutterstock / Kittyfly)

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Die geplante Gasumlage beunruhigt den Sozialverband VdK und den Deutschen Mieterbund. Jährliche Mehrbelastungen von bis zu 1000 Euro seien von armen Rentnern und Rentnerinnen und von Menschen, die von Hartz IV leben, nicht zu bezahlen, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele gegenüber heise online. So wie der VdK fordert der Deutsche Mieterbund einen Wohnungskündigungsschutz.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßt die Gasumlage. Er weist ebenfalls auf die erheblichen Belastungen hin, die auf die Kundschaft zukämen. "Es ist deshalb gut, dass Bundeskanzler Scholz weitere Entlastungen für Verbraucherinnen und Verbraucher angekündigt hat", schreib der BDEW.

Als eine weitere Möglichkeit, die Kosten abzufedern, sieht der BDEW eine zeitliche Streckung der Umlage an. Der VdK fordert als Unterstützung für arme Menschen ein Wohngeld, dessen Heizkostenpauschale die Energiekosten komplett berücksichtigt und die jährlich angepasst wird. Auch weist der VdK auf seine schon früher erhobene Forderung hin, Grundsicherungsempfängern einen sofortigen Krisenzuschlag in Höhe von 100 Euro auszuzahlen, bis mit der Einführung des Bürgergelds im kommenden Jahr die Regelsätze angepasst würden.

Rentnerinnen und Rentner müssten nach Meinung des VdK eine Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. "Gerade ärmere Seniorinnen und Senioren leben oft in alten und schlecht isolierten Wohnungen und Häusern, die dringend energetisch saniert werden müssten. Doch die neuen Sanierungskredite des Bundeswirtschaftsministeriums können sie nicht nutzen", sagte Bentele.

Im Winter dürfe es nicht so weit kommen, dass Mietern gekündigt wird, weil sie die Heizkosten nicht mehr bezahlen können, ergänzte Bentele. Ein solches Kündigungsmoratorium wäre auch im Sinne des Mieterbundes. Dieser weist darauf hin, dass "Mieterinnen und Mieter bereits jetzt schon vor einer Verdopplung bis Verdreifachung ihrer Gasrechnung für 2023 stehen". Auf diese Mehrkosten komme die Erdgas-Umlage hinzu, ein Ende der Kostensteigerungen sei nicht abzusehen.

Ein Kündigungsmoratorium sollte sicherstellen, dass niemandem gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann, schreibt der Mieterbund. Solche Haushalte sollten mindestens ein halbes Jahr Zeit bekommen, um ihre Energieschulden zu begleichen. Eine Frist von 30 Tagen sei bei einer Verdopplung bis Vervierfachung der Gasrechnung völlig unzureichend. Wie der VdK fordert auch der Mieterbund Heizkostenzuschüsse und Wohngelderhöhung für einkommensarme Haushalte.

Der Mieterbund befürchtet, ohne einen Gaspreisdeckel, der Preiserhöhungen nur bis zu einem bestimmten Punkt zulassen würde, könnten Endkundenpreise ins Unermessliche steigen. "Explodierende Marktpreise dürfen nicht 1:1 an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden."

Eine Höchstgrenze für Gaspreise fordert auch Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken. Länder wie Frankreich oder Portugal zeigten, dass es auch anders gehe. Für die steigenden Energiekosten bräuchte es einen Ausgleich, doch die Politik der Bundesregierung gehe in eine andere Richtung, meinte Lötzsch. Hohe Gewinne der großen Energiekonzerne sollten nach Meinung der Linken mit einer Übergewinnsteuer belegt werden.

Voraussichtlich ab 1. Oktober sollen die Mehrkosten, die Importeuren bei der Gasbeschaffung entstehen, da Lieferungen aus Russland gedrosselt wurden, auf die Verbraucher umgelegt werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rechnet mit Mehrkosten von bis zu 5 Cent pro kWh.

Der BDEW begrüßt die geplante Umlage: "Angesichts der aktuellen Gaslieferkürzungen ist es richtig, dass die Bundesregierung gleich am Anfang der Gas-Lieferkette ansetzt", heißt es in einer Mitteilung des Verbands. Die Handlungsfähigkeit der Gas-Importeure müsse sehr kurzfristig gesichert werden, damit sie die erforderlichen Gasersatzmengen trotz extrem steigender Börsenpreise beschaffen und liefern können.

Auf jeden Fall müssten Dominoeffekte im Energiemarkt vermieden werden, sonst könne die Energieversorgungssicherheit nicht aufrechterhalten werden. Allerdings sieht der BDEW an der Umlage noch Nachbesserungsbedarf. Sie müsse von allen Letztverbrauchern gleichmäßig und ohne Privilegierung bestimmter Kundengruppen getragen werden. Auch bräuchten die Unternehmen ausreichend Zeit, um die Umlage organisieren zu können, sie solle daher erst zum 1. November eingeführt werden.

"Die aktuellen Herausforderungen sind außergewöhnlich, daher bedarf es auch außergewöhnlicher Maßnahmen, um die Haushalte und Unternehmen vor explodierenden Kosten zu schützen und die Handlungsfähigkeit der Energieversorger zu sichern", ergänzt der BDEW.

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, es sei richtig, krisenbedingte Mehrkosten auf alle umzulegen. Aber: "Wenn jetzt nicht stärker gegengesteuert wird, sind Existenzen bedroht und der soziale Zusammenhalt gefährdet."

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits Gesprächsbedarf über weitere Entlastungen für die Bürger und Bürgerinnen angemeldet. Dabei hatte er Normalverdienende im Blick, die monatlich nicht eklatant viel Geld verdienten. "Weil ich zu wissen glaube, welche Belastungen da kommen können, bin ich klar auf der Seite, da großzügiger zu sein." Ein Hilfspaket müsse so schnell wie möglich bereitstehen, sagte vzbv-Vorständin Ramona Pop und nicht erst im nächsten Jahr. Die Umlage müsse transparent ausgestaltet sein, führte sie weiter aus. "Die Preisweitergabe darf ausschließlich der Insolvenzvermeidung der betroffenen Unternehmen dienen, nicht dem Schutz von Boni oder Dividenden. Es darf keine Umwälzung von Kosten von Unternehmen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher geben."

(anw)