"Gedrehte" Wellen könnten Funkkapazität steigern

Mit einem physikalischen Trick wollen Forscher die Kapazität von Funksystemen vervielfachen: Wellen mit unterschiedlichen orbitalen Winkelmomenten sollen mehrere Signale auf der gleichen Frequenz parallel übertragen.

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Das orbitale Winkelmoment, genauer: der Bahndrehimpuls, ist in der Quantenphysik und vom Licht bekannt (Orbital Angular Momentum, OAM). Es beschreibt die räumliche Feldverteilung einer Welle und wird beispielsweise bei der Elektronenmikroskopie zur Auflösungssteigerung verwendet. Das OAM ist von der Polarisation der Welle unabhängig.

Mit mehreren "Drehstufen" könnten Funkwellen auf der gleichen Frequenz mehrere Signale parallel übertragen.

(Bild: Wikipedia )

Elektromagnetische Wellen mit links- beziehungsweise rechtsdrehendem Moment wollen Forscher der Universität Padua OAM nun auch bei Funkübertragungen einsetzen, um etwa mehrere Datenströme parallel auf der gleichen Frequenz zu übertragen. Das soll sogar mit mehreren OAM-Zuständen gleichzeitig funktionieren, also eine Vervielfachung der Datenrate ermöglichen.

Den praktischen Beweis habe man schon im Juni 2011 in Venedig erbracht: Anfang März berichteten Fabrizio Tamburini und Kollegen über einen öffentlichen Versuch, bei dem sie unterschiedliche Signale über zwei OAM-Wellen übertragen hatten. Damit scheint der Weg frei, die Kapazität etwa von Mobilfunknetzen oder WLANs mittels Hardware weiter zu steigern, ohne dafür breitere Funkkanäle oder neue Frequenzblöcke zu benötigen.

Allerdings herrscht in der Fachwelt auch Skepsis: So veröffentlichten Wissenschaftler der schwedischen Universität Lund eine Arbeit, die OAM mit dem etwa bei WLAN seit 2005 etablierten MIMO (Multiple Input, Multiple Output) vergleicht. Ove Edfors und Anders Johansson kommen darin zum Schluss, dass OAM eine Teilmenge von MIMO darstellt, weil beide Techniken bei bestimmter Konfiguration die gleichen Übertragungsmoden der Funkwelle produzieren. Damit wären OAM und MIMO nicht kombinierbar, sondern nur alternativ nutzbar. (ea)