Geknackter Encrochat: 3,2 t Cannabis, 400 kg Kokain, 10 kg Heroin sichergestellt

Das BKA geht davon aus, dass durch die Ermittlungen im Encrochat-Netzwerk die Strukturen der Tätergruppierungen empfindlich geschwächt werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 183 Kommentare lesen

Eine Cannabis-Plantage.

(Bild: Polizei Niedersachsen)

Lesezeit: 3 Min.

Das Bundeskriminalamt hat eine Zwischenbilanz der Ermittlungen gegen organisierte Rauschgiftkriminalität vorgelegt, die möglich wurden, da Strafermittler das abgesicherte Chat-Netzwerk Encrochat knacken konnten. Die Polizei hat nach eigenen Angaben in 2250 Ermittlungsverfahren rund 750 Haftbefehle vollstreckt. Die Verdächtigen sollen bandenmäßig Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gehandelt und eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Außerdem geht es um Waffenhandel, Korruption, Geldwäsche und Gewaltdelikte. Jeder vierte Tatverdächtige sei bewaffnet gewesen.

Bei Durchsuchungen wurden nach Angaben des BKA fast 3,2 Tonnen Cannabis, etwa 320 Kilogramm synthetische Drogen, über 125.500 Ecstasy-Tabletten, fast 400 Kilogramm Kokain und 10 Kilogramm Heroin sichergestellt. Darüber zog die Polizei rund 310 Schusswaffen und über 12.200 Schuss Munition aus dem Verkehr. Auch seien Vermögensarreste in Höhe von etwa 168 Millionen Euro sowie vorläufige Vermögenssicherungen von rund 28 Millionen Euro erzielt worden.

Anfang dieses Monats wurde bekannt, dass Ermittler in dem verschlüsselten Chatsystem mitlesen konnten. Das BKA hatte seit März 2020 im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen die Nutzer von kryptierten Mobiltelefonen des Providers Encrochat ermittelt. Im April 2020 erhielt das BKA über Europol Encrochat-Daten, die einen Bezug zu Deutschland aufwiesen. Zuvor hatte ein Joint-Investigation-Team (JIT) aus französischen, und niederländischen Ermittlerinnen und Ermittlern, Europol und Eurojust die Smartphones des Anbieters Encrochat überwacht.

BKA-Expertinnen und Experten für IT-Forensik bereiteten die Daten technisch auf. Dabei nutzten sie automatisierte Verfahren sowie die Expertise von Kriminalisten aus verschiedenen Fachbereichen, erläuterte das BKA. Dabei stellten sie fest, dass die Chats nahezu ausschließlich aus strafrechtlich relevanten Inhalten bestanden. Daher konzentrierte sich das BKA zunächst darauf, aus mehreren hunderttausend Chatverläufen die Personen hinter den Nutzernamen zu identifizieren. Von Encrochat-Nutzern, die sich aus Deutschland eingebucht hatten, habe das BKA tausende Nutzer identifiziert.

Das BKA geht davon aus, dass die bundesweiten Ermittlungen die Strukturen der Tätergruppierungen empfindlich schwächen werden. Die Auswertung der Encrochat-Daten habe nämlich den deutschen Strafverfolgungsbehörden einen tiefen Einblick in die Vorgehensweise und Zusammenarbeit von Tätergruppierungen der organisierten Rauschgiftkriminalität in Deutschland ermöglicht.

Niederländische Ermittler hatten Ende 2018 bereits zum zweiten Mal einen verschlüsselten Chat von Kriminellen überwachen können. Danach soll es niederländischen zusammen mit belgischen und französischen Ermittlern gelungen sein, den verschlüsselten Kommunikationsdienst des kanadischen Anbieters Sky ECC zu unterwandern. Die australische Bundespolizei setzte selbst einen "verschlüsselten Kommunikationsdienst" auf, auf den tausende Verdächtige hereinfielen.

(anw)