Generationswechsel bei SAP

Europas größter Softwarehersteller SAP baut seinen Vertriebschef Léo Apotheker zum neuen Konzernchef auf; Apotheker kündigte bereits an, die Ausgaben für die Software-Entwicklung deutlich zurückschneiden zu wollen.

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  • dpa

Europas größter Softwarehersteller SAP baut seinen Vertriebschef Léo Apotheker zum neuen Konzernchef auf – und der kündigte gleich Kostensenkungen bei der Software-Entwicklung an. Für eine Übergangszeit von etwas mehr als einem Jahr werden &ndash wie bereits berichtet – Henning Kagermann und Apotheker gleichberechtigte Vorstandsvorsitzende sein. Wenn der Vertrag des 60-jährigen Kagermann im Mai 2009 auslaufen wird, soll Apotheker den alleinigen Vorstandsvorsitz übernehmen.

"Henning Kagermann hat den Aufsichtsrat um die Bestellung von Léo Apotheker zum gleichberechtigten Vorstandssprecher gebeten, um ihn noch während seiner Amtszeit bestmöglich auf die Nachfolge vorzubereiten", erklärte Mit-Unternehmensgründer Plattner. "Angesichts der anstehenden Herausforderungen für den Firmenchef und das neue Team ist Léo Apotheker ein idealer Vorstandssprecher und damit auch mein Wunschkandidat für die Nachfolge von Kagermann", sagte Plattner. "SAP hat in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt und kann auf die erfolgreiche Einführung richtungweisender Innovationen verweisen. Jetzt steht SAP vor der Aufgabe, den Einsatz dieser Innovationen bei unseren Kunden und Anwendern zu unterstützen."

Hopp begrüßte die Rückkehr zur Doppelspitze derweil als richtige Entscheidung des Managements. "Ich habe das Modell bei SAP eingeführt und mit Hasso Plattner praktiziert, als meine Entscheidung für den Rückzug aus dem Vorstand feststand", sagte er der dpa. "Ich halte das Modell, zwei gleichberechtigte Verantwortliche an der Unternehmensspitze zu haben, auch grundsätzlich für gut." Ob es jedoch auf Dauer notwendig sei, müsse jede Firma einzeln für sich selber prüfen.

Die Ausgaben für die Software-Entwicklung will Apotheker stutzen: Es sei an der Zeit, diese Kosten zu kürzen, die 2007 mit 14 Prozent vom Umsatz einen Höchstwert erreicht hatten, sagte er laut Financial Times Deutschland nach seiner Ernennung.

Léo Apotheker – der "Nichtprogrammierer"

Léo Apotheker ist der Kosmopolit im SAP-Vorstand. In Aachen geboren, an der Hebrew University in Jerusalem studiert, lebt der 54-Jährige seit geraumer Zeit in Paris. Einen Abschluss machte Apotheker in internationalen Beziehungen und Volkswirtschaft. Mittlerweile spricht er fünf Sprachen fließend (Niederländisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Hebräisch) und ist bislang der Vertriebsexperte bei dem Walldorfer Softwarehersteller.

Seit dem Jahr 2002 gehört Apotheker dem Vorstand des Weltmarktführers für Unternehmenssoftware an. Davor leitete er unter anderem die Region Europa. Zwischen 1988 und 1991 war er Geschäftsführer und Gründer von SAP Frankreich und SAP Belgien. Vor seiner SAP-Zeit arbeitete der Manager in Führungspositionen in verschiedenen Unternehmen der IT-Industrie, als Unternehmensberater und in einer Risikokapitalgesellschaft.

Obwohl Apotheker wegen seiner ruhigen und besonnenen Art geschätzt wird, hat er mit einem Makel zu kämpfen: Viele Computerexperten bemängeln, dass er aus dem Vertrieb und nicht – wie der frühere Kronprinz Shai Agassi – aus der Produktentwicklung kommt. Damit ist er seit Gründung von SAP im Jahr 1972 der erste Nichtprogrammierer an der Spitze des Softwarekonzerns.

Henning Kagermann – kontrollierte Offensive

Theatralische Gesten und Effekthascherei sind nicht die Sache des derzeitigen SAP-Chefs Henning Kagermann. Analytik, nüchterne Prognosen und ein zurückhaltendes Lächeln kennzeichnen die Auftritte des 59-Jährigen. Kein Wunder: Als habilitierter Physiker lebte der gebürtige Braunschweiger schon vor seiner Zeit bei SAP in einer eher kontrollierten Welt. Seine Doktorarbeit schrieb er in Theoretischer Physik.

Im Jahr 1982 wagte der Wissenschaftler den Sprung in die Wirtschaft. 21 Jahre später wurde der fast asketisch wirkende Zahlenmensch neben dem impulsiven "Showstar" Hasso Plattner gleichberechtigter Vorstandssprecher. Rund fünf Jahre war die Doppelspitze mit dem Gründungsmitglied im Einsatz. Seit dem Jahr 2003 hat Kagermann allein das Sagen in der SAP-Konzernzentrale.

Während das DAX-Unternehmen seine Geschäfte immer weiter ausbaut, allerdings auch mit unliebsamen Ereignissen wie der juristischen Auseinandersetzungen mit Oracle um angebliche Urheberrechtsverletzungen oder Klagen wegen Problemen mit seiner Software zu kämpfen hat, lässt es Kagermann privat eher ruhig angehen. Er gilt als Leseratte und ausgesprochener Familienmensch. Unerschütterlich ist seine Liebe zu den 70er-Jahre-Rockern Deep Purple. (dpa) / (jk)