Google sieht keine rechtlichen Hürden mehr für Street View

Der Suchmaschinenkonzern hält seinen Straßenansichtsdienst unter Verweis auf ein neues Rechtsgutachten auch in Deutschland für juristisch einwandfrei und rechnet mit dem Start der Anwendung im Lauf des Jahres.

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Google hält seine Anwendung Street View unter Verweis auf ein neues Rechtsgutachten auch in Deutschland für juristisch einwandfrei. "Rechtlich kann der Dienst nicht mehr verhindert werden", erklärte der Justiziar von Google Deutschland, Arnd Haller, bei einer Pressekonferenz in der Hamburgischen Landesvertretung in Berlin am heutigen Dienstag. Er zeigte sich optimistisch, dass die an Google Maps angedockte Straßenansicht hierzulande im Lauf des Jahres starten könne. Ein genauer Termin sei noch nicht zu nennen, da das Unternehmen zunächst noch mit der Umsetzung der selbst gegebenen datenschutzrechtlichen Zusagen alle Hände voll zu tun habe.

Ein Kamera-Auto von Google Street View in Hamburg

Dem Suchmaschinenkonzern blies in den vergangenen Monaten starker Gegenwind ins Gesicht. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sprach von millionenfachen Einbrüchen in die Privatsphäre durch Street View und rief zu massenhaften Einsprüchen gegen die Aufnahme von Häusern in das Kartenmaterial auf. Tatsächlich seien bereits einige Tausend Widersprüche eingegangen, bestätigte Haller. Es handle sich aber um eine "relativ kleine Zahl" angesichts der Masse der erfassten Häuser. Signifikant höher als anderswo schätzt man bei der Firma die Eingaberate nicht ein.

Im Gegensatz zu anderen Ländern bietet Google Deutschland nach einer "Flut von Beschwerden von Datenschützern" nach dem Aussenden erster Street-View-Kamerafahrzeuge im Frühjahr 2008 laut Haller die Möglichkeit, schon vor der Veröffentlichung Einsprüche gegen die Abbildung von Gebäuden sowie nicht ausreichend verpixelte Gesichter oder Autokennzeichen zu erheben. Zudem würden auch die Rohdaten der Aufnahmen gelöscht. Dies habe aber zur Folge, dass ein einmal entferntes Haus nicht wieder eingespielt werden könne.

Um sich juristisch auf der sicheren Seite zu bewegen, hat der Konzern beim Institut für Rechtsinformatik (IRI) der Leibniz Universität Hannover ein 23.000 Euro teures Forschungsprojekt in Auftrag gegeben. IRI-Leiter Nikolaus Forgó vertrat bei der Vorstellung eines dabei entstandenen Rechtsgutachtens die Ansicht, dass es schon fraglich sei, ob bei dem Dienst "überhaupt personenbezogene Daten maschinell verarbeitet werden" und somit Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht mit anderen Grundrechten wie dem der Informationsfreiheit abgewogen werden müssten. Street View ist für ihn "keine Personensuche", da die aufgenommenen Leute zufällig im Bild seien. Auch die simple Hausfassade stellt nach Ansicht des Juristen kein personenbezogenes Datum dar, da keine "Einzelangabe" über einen Menschen damit gemacht werde. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei daher auf den Dienst gar nicht anwendbar.

Eine Ansicht von London in Google Street View

Selbst wenn man davon ausgehe, dass das BDSG greife, überwiege nicht das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Schließlich gehe es um die Darstellung des öffentlichen Raums. Eine generelle Einwilligung der Betroffenen in eine Abbildung sei daher nicht erforderlich. Auch andere Rechte wie das am eigenen Bild oder an Eigentum seien dem Dienst "nicht unmittelbar zuordbar". Zudem würden entsprechende Bedenken durch das Widerspruchsrecht entschärft.

Spätestens mit dem Deutschlandstart von Street View wird auch hierzulande die Akzeptanz wachsen, ist sich Raphael Leiteritz, Produktmanager Google Maps Europa, sicher. Er spricht von einer ganz neuen Form von Kartenmaterial, das über 3D-Ansichten Orte virtuell besuch- und erlebbar mache. Idee dabei sei es, direkt "in einer Stadt zu sein". Mit Mobilgeräten und GPS-Empfänger sei direkt vor Ort zudem eine Standortinformation abzurufen nebst zusätzlichen Angaben zu Bars, Kneipen, Cafés oder Kultureinrichtungen in der Umgebung. Trotz der erforderlichen "Riesen-Investition" in die neue Produktgeneration denke Google dabei noch nicht ans Geldverdienen. Denkbar sei es aber, dass sich etwa ein Besitzer eines Unternehmens wie bei Google Maps anmelden und Werbung schalten könne. Bis dieser Ansatz funktioniere, würde es aber "noch Jahre dauern".

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(pek)