Grand Challenge: Sieben Roboterfahrzeuge qualifiziert

Offiziell ist die Qualifikation für das Wüstenrennen der Roboter abgeschlossen. Der Veranstalter will aber noch entscheiden, ob trotzdem noch weitere Teilnehmer an den Start gehen dürfen.

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Von
  • Erich Bonnert

Offiziell ist die Qualifikation für das Wüstenrennen der Roboter abgeschlossen. Veranstalter DARPA will aber noch entscheiden, ob trotzdem weitere Teilnehmer an den Start gehen dürfen. "Wir müssen jetzt unsere Beobachtungen und die Videos auswerten," erklärte Oberschiedsrichter Tom Strat vom DARPA-Schiedskommitee nach Ende der Qualifikationsläufe am Donnerstagnachmittag. "Auch wenn einige nicht ins Ziel der Qualifikationsstrecke gekommen sind, erfüllen sie doch möglicherweise unsere Anforderungen an Effektivität im Geländeeinsatz und Sicherheit."

Zu den vier Teilnehmern, die zuvor bereits die Prüfung auf dem abgesteckten Rennkurs bestanden hatten, gesellen sich nun: Axion Racing mit einem Allrad-Jeep Cherokee, der Toyota Tundra Pickup von Digital Auto Drive (DAD) sowie das Team Terramax, das mit einem 16-Tonnen-Militärlaster antritt.

Buchstäblich in letzter Minute kam das Terramax-Vehikel am Donnerstag auf der Rennstrecke im kalifornischen Fontana, unweit von Los Angeles, ins Ziel. Um 16 Uhr Ortszeit mussten laut Vorgabe des Veranstalters der letzte Qualifikationslauf abgeschlossen sein. Trotz verschlafenem Start und deutlichen Schlangenlinien selbst auf gerader Strecke bestand der dreiachsige Transporter des Spezialfahrzeugbauers Oshkosh die Sicherheitsprüfungen. Oshkosh stellt seit Jahrzehnten Militärfahrzeuge, Feuerwehrlaster und andere Spezialvehikel her. Der Terramax wurde von den US-Marines im bemannten Betrieb bereits im Afghanistankrieg eingesetzt. Die autonome Steuerung wurde von der Ohio State University entwickelt und basiert auf insgesamt sechs Einplatinenrechnern. Die Firma hat offenbar keine Mühen gescheut, im Endlauf an den Start zu gehen. Das Preisgeld von einer Million Dollar dürfte für das Fortune-1000-Unternehmen den geringsten Anreiz bilden -- verlockender ist die Aussicht auf Wehraufträge aus dem Pentagon.

Bis die vorgestellte Technik gefechtsreif ist, dürfte allerding noch einige Zeit vergehen. Häufige Stopps und Kurskorrekturen kosteten Terramax viel Zeit. Das Ergebnis war ein recht niedriges Durchschnittstempo von etwa 10 Meilen pro Stunde. Exemplarisch offenbarte das robuste Vehikel eines der Grundprobleme, mit dem alle Wettbewerber kämpfen werden, wenn es am Samstag über eine Distanz von 159 Meilen geht: Das Erkennen und Analysieren von möglichen Hindernissen bremst die Rennroboter merklich ab, da Entscheidungen wie "Überfahren oder Ausweichen" getroffen werden müssen. Kann ein Objekt -- oder eine potenzielle Gefahrenstelle wie etwa ein tiefer Graben -- nicht zweifelsfrei identifiziert werden, gebietet die Sicherheit, es zu umfahren. Kaum einem der Bilderkennungssysteme gelingt es bisher, bei zügiger Fahrt beispielsweise ein harmloses Gebüsch von einem massiven Felsbrocken zu unterscheiden. Dies führt bei vielen Rennkandidaten zu häufigen Stopps und zeitraubenden Umwegen. In anderen Situationen werden wiederum Hindernisse nicht erkannt. Mehrere Zusammenstöße mit Barrieren und Leitplanken zeugten von den Grenzen der Computertechnik, einen menschlichen Fahrer zu ersetzen.

Als einziges Fahrzeug im Teilnehmerfeld hat der DAD-Toyota drei erfolgreiche Testläufe absolviert. Das "Team DAD" um den kalifornischen Tüftler Dave Hill wollte seine Zeit verbessern, um eine günstigere Startposition herauszufahren. Der Autopilot des DAD besteht im Kern aus einer Bildverarbeitungssoftware, die speziell für das Rennen für zwei 1GHz-DSP-Chips von Texas Instruments entwickelt wurde. Die Signalprozessoren verarbeiten über 30 Milliarden Bildpixel pro Sekunde. Der Roboter soll so fast 300 Meter weit voraussehen können. Aus den aufgenommenen Daten wird jede Sekunde 60-mal eine dreidimensionale Karte der vorausliegenden Strecke berechnet. Aus über 100 möglichen Routen wählt DAD dann in Echtzeit die beste aus. DAD-Chef Dave Hill glaubt, sein Vehikel könne damit Geschwindigkeiten bis zu 100 Meilen pro Stunde gefahrlos erreichen.

Auch beim Bau des Sandstorm an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh wurde nicht mit Rechenpower gegeizt. Der Militärgeländewagen vom Typ Hummer I kann eigentlich nur als fahrender Supercomputer bezeichnet werden. Seine Parallel-Software wurde eigens für einen 4-Wege-Itanium-2-Rechner entwickelt, der von drei Dual-Xeons unterstützt wird. Das "Team Red" des Robotik-Professors William Whittaker von Carnegie Mellon hat die längste Erfahrung mit autonomen Steuerungen und verfügt nicht nur über eine Vielzahl ehrgeiziger Studenten und Doktoranden, sondern auch über finanzkräftige Sponsoren. Außer Intel helfen unter anderem auch Boeing und Westinghouse mit.

Der rote Hummer gilt als Favorit, hatte jedoch bei der Qualifikation einige peinliche Momente: Bei flotter Fahrt und böigem Wind überschlug sich der gepanzerte Geländewagen bei seiner ersten Fahrt am Montag und musste eilig repariert werden. Mit zwei erfolgreichen Testläufen ist der drei Millionen teuere Bolide nun aber ein Kandidat für die vorderen Startpositionen am Samstag. Allen bisher nicht qualifizierten Kandidaten bleibt nun nur das Zittern, bis die DARPA am frühen Freitagmorgen (kalifornischer Ortszeit) das endgültige Teilnehmerfeld bekannt gibt.

Zur Grand Challenge siehe:

(Erich Bonnert) / (wst)