Datenmüll von Voyager 1: "Ehrlich gesagt, ich mache mir große Sorgen"

Seit Monaten bekommt die NASA Voyager 1 nicht mehr dazu, sinnvolle Daten zu schicken. Die verbleibenden Optionen werden riskanter, ein Ende scheint möglich.

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Voyager-Sonde vor blauem Sternenhimmel

(Bild: Caltech/NASA-JPL)

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Fast vier Monate nachdem die NASA-Sonde Voyager 1 aufgehört hat, wissenschaftliche und technische Daten zur Erde schicken, wächst die Unruhe bei der US-Weltraumagentur. "Ehrlich gesagt, ich mache mir große Sorgen", zitiert NPR (National Public Radio) einen Verantwortlichen für die am weitesten von der Erde entfernte Sonde. Die New York Times wiederum hat sogar schon eine Art Nachruf veröffentlicht, verweist aber genauso wie NPR auf Äußerungen von NASA-Verantwortlichen, laut denen noch längst nicht alle Optionen ausgeschöpft sind.

Laut Projektleiterin Suzanne Dodd gibt es noch eine Liste an Maßnahmen, die man ausprobieren kann. Beim Versuch, die Sonde aus der Ferne zu reparieren, werde die NASA in den nächsten Wochen wohl immer riskantere Versuche wagen.

Im Dezember hat die NASA publik gemacht, dass einer der drei Computer an Bord von Voyager 1 schon seit November nur noch Datenmüll sendet. Das Flight Data System (FDS) ist unter anderem dafür zuständig, Daten von den wissenschaftlichen Instrumenten einzusammeln und zusammen mit technischen Informationen in Pakete zu packen, die zur Erde geschickt werden. Seit Beginn der Probleme kommt auf der Erde nur noch ein Trägersignal an, das bestätigt, dass die Sonde aktiv ist. Hinweise auf andere Fehler gibt es nicht; außerdem hätten die Experten bestätigen können, dass die Sonde Befehle von der Erde empfängt. Anfang Februar hat die NASA schließlich angekündigt, die Sonde in einen anderen Modus zu wechseln, um den Fehler einzugrenzen. Das war wohl nicht erfolgreich.

NPR zitiert die Projektwissenschaftlerin Linda Spilker nun mit dem Einblick, dass das Team beim Versuch der Fehlerbehebung durchaus auch viel Spaß hat. Überall an der Wand würden Klebezettel mit Schaltplänen hängen, und alle würden versuchen, sich in die Köpfe jener Menschen hineinzuversetzen, die die Sonde in den 1960er- und 1970er-Jahren entworfen haben. Das heutige Team wolle herausfinden, warum sie damals etwas genau so gemacht haben und wie man erfahren könnte, was genau los ist. Spilker ist demnach vorsichtig optimistisch: "Hier gibt es so viel Kreativität." Gleichzeitig erkennt sie an, dass es ein mühsamer Prozess sei, der noch Wochen oder Monate dauern könnte. "Wir werden es weiter versuchen und es wird nicht schnell gehen", ergänzt Dodd.

Der Versuch, den Fehler einzugrenzen und zu beheben, wird bei Voyager 1 durch mehrere Umstände erschwert. Anders als bei aktuellen Sonden gibt es für dieses alte Modell keine Simulatoren auf der Erde; zur Problembehebung müssen jahrzehntealte Anleitungen auf Papier gefunden und durchforstet werden. Viele der Menschen, die das Gerät einst entwickelt und gebaut haben, sind längst im Ruhestand oder gestorben. Erschwert wird die Arbeit durch die enorme Entfernung der Sonde: Signale dorthin brauchen weit über 22 Stunden, noch einmal so lang dauert es, bis eine Antwort auf der Erde eintrifft. Hinzu kommt das Alter der Sonden selbst, jederzeit kann etwas ausfallen.

Voyager 1 und ihre Schwestersonde Voyager 2 starteten 1977 und konnten für ihre Reise eine seltene Konstellation ausnutzen, in der die vier größten Planeten des Sonnensystems einander besonders nahekamen. Beide besuchten den Jupiter und holten an ihm Schwung zum Saturn, wo sich ihre Wege trennten: Voyager 1 katapultierte sich dort hinaus aus der Ebene des Sonnensystems, Voyager 2 nahm Kurs auf Uranus und Neptun. Vorgesehen war ursprünglich lediglich eine vierjährige Mission; inzwischen sind sie 46 Jahre unterwegs und noch immer aktiv. Das Voyager-Programm gehört zu den größten Erfolgen der NASA. Zuletzt erreichten die Voyager-Zwillinge – weil es bei Weltraumsonden damals so viele Fehlschläge gab, gab es von allen wichtigen zwei – den interstellaren Raum.

(mho)