Grünen-Politikerin Künast will Grundsatzurteil gegen Facebook

Mit einer Klage gegen Facebook will die Politikerin Renate Künast erreichen, dass Posting mit einem ihr zugeschriebenen Zitat gelöscht werden müssen.

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(Bild: Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Kaminski)

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Die Grünen-Politikerin Renate Künast will mit einem Grundsatzurteil weiterreichende Löschpflichten für als rechtswidrige gemeldete Inhalte bei Facebook erzwingen. Unterstützt wird sie dabei von der Organisation Hateaid, die sich gegen Hass und Hetze im Netz engagiert und auch Prozesskostenhilfe leistet. Die meisten Betroffenen hätten nicht den Mut, die Kraft und vor allen Dingen nicht das Geld, sich gegen große Plattformen zur Wehr zu setzen, sagte die Geschäftsführerin von Hateaid, Anna-Lena von Hodenberg, am Dienstag in Berlin. "Und das wollen wir ändern."

Gegenstand der Klage ist ein Satz, der Künast in Postings im Netz zugeschrieben wird, den sie nach eigenen Angaben aber nicht gesagt hat. In einer Variante werden ihr die Worte in den Mund gelegt: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen." Tatsächlich habe sie in einer ARD-Sendung vor Jahren den SPD-Politiker Thilo Sarrazin aufgefordert, sich den türkischen Namen einer anderen Teilnehmerin der Talkrunde zu merken, die dieser wiederholt falsch ausgesprochen habe, erklärte die Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Mit der Klage solle geklärt werden, dass es eine Löschpflicht für Plattformbetreiber gebe. Und das nicht nur für gemeldete und damit beanstandete Beiträge, sondern auch für wort- oder sinngleiche Posts, führte Hateaid in der Pressemitteilung aus. Ausgenommen sollten dabei nur diejenigen Beiträge sein, bei denen das Falschzitat als solches gekennzeichnet sei.

Grundlage für die Klage sei das Urteil, dass die österreichische Grünen-Politikerin Eva Glawischnig-Piesczek in einem jahrelangen Rechtsstreit gegen Facebook erwirken konnte: Vergangenen November hatte der Oberste Gerichtshof Österreichs das soziale Netzwerk letztinstanzlich verpflichtet, Beleidigungen gegen die Grünen-Politikerin und sinngleiche Einträge weltweit zu löschen. Ein Jahr zuvor hatte der EuGH geurteilt, dass Facebook gezwungen werden kann, Beleidigungen nicht nur im jeweils betroffenen Land, sondern global zu löschen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte das als bedenklich bezeichnet.

"Du kannst dich wehren, du kannst irgendwo was dazuschreiben. Dann wird vielleicht eines gelöscht, aber es taucht kurze Zeit später oder in einem ähnlichen Zusammenhang doch wieder auf", beschrieb Künast den Versuch, das bereits seit Jahren kursierende Zitat richtigzustellen. "Das kann mir – macht es sicherlich auch – als Politikerin schaden, weil Menschen denken, dass ich sowas tatsächlich gesagt hätte." Die Verbreitung solcher Inhalte sei häufig eine orchestrierte Aktion von Rechtsextremisten, die damit Aufregung und hasserfüllte Reaktionen auslösen wollten.

Die Klage sei am vergangenen Freitag beim Landgericht Frankfurt am Main eingereicht worden, sagte Rechtsanwalt Matthias Pilz, der Künast vor Gericht vertreten soll. Tatbestand sei üble Nachrede.

Ein Sprecher von Facebook erklärte dazu: "Wir tolerieren keine unzulässigen Inhalte auf unseren Plattformen und haben deshalb massiv in Technologie, menschliche Expertise und Partnerschaften investiert." Das von Frau Künast gemeldete falsche Zitat habe man von der deutschen Facebook-Plattform entfernt. Künast habe man darüber informiert, dass man Schritte einleite, um identische Inhalte zu identifizieren und zu entfernen.

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Facebook habe ihr das am späten Montagabend auf ihren Brief vom 12. April geantwortet, sagte Künast. Den Gang vor Gericht wird Facebook damit wohl aber nicht abwenden können. Künast kommentierte, das sei "ein netter, aber durchsichtiger Versuch, mich ruhig zu stellen oder zufrieden zu stellen". Es gehe aber um das grundsätzliche Problem, dass es nicht "Lebensaufgabe"´Betroffener sein dürfe, Falschzitate selbst zu finden. Hateaid führte dazu aus: "Wir wollen nicht, dass Facebook Einzelfallentscheidungen mit Promifaktor fällt." (Mit Material der dpa) / (axk)