Grüner Anstrich reicht nicht

Zwar wird die grüne Elektronik in Berlin hinreichend beschworen, Energie wird in den Haushalten mit großen Flachbildfernsehern aber nicht eingespart.

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  • dpa

"Grüne Welle", "59 Prozent weniger Stromverbrauch", "Energieeffizienzklasse A, A+ und A++" – die Schlagzeilen aus Ausstellerprospekten zeigen: Stromsparen ist bei der diesjährigen Funkausstellung IFA in Berlin das Thema. Nicht nur Kühlschrank-Produzenten schmücken sich mit geringen Verbrauchswerten. In Zeiten rapide steigender Strompreise lassen selbst Fernseherhersteller in keiner Präsentation unerwähnt, wie sparsam ihre neuen Geräte seien. Eigentlich, könnte man meinen, hätte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Aufruf zum Energiesparen bei der IFA-Eröffnung sparen können. Doch die IFA ist keine grüne Oase. Mancher gibt sich grüner als er ist. Und auch den Kunden geht es meist erst in zweiter Linie um die Umwelt.

Energiesparen? "Klar ist das bei uns ein Thema", ist an nahezu allen Ständen auf der IFA zu hören. "Die Hausgerätebranche hat das Thema Ökologie entdeckt", meint auch Miele-Technikchef Eduard Sailer und findet das etwas erstaunlich, denn darum gehe es doch schon lange.

Anders bei Fernsehern, Kameras und Laptops: Hier stehen die Hersteller mächtig unter Druck. "Bisher war Stromsparen für Verbraucher bei Unterhaltungselektronik kein Thema", sagt Corinna Fischer, Expertin für Energieeffizienz beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Zwei Drittel des Stroms im Haushalt gingen für Hausgeräte drauf, dort ließe sich etwa mit einem neuen Kühlschrank auf einen Schlag kräftig sparen. Doch das reicht nicht mehr. "Erst jetzt – bei steigenden Preisen – schauen die Verbraucher auf den Verbrauch der Unterhaltungselektronik."

Während die Regierung in Frankreich über die Einführung eines Bonus/Malus-Systems mit finanziellen Belohnungen nach einem angelegten ökologischen Maßstab (auch) für Fernsehgeräte nachdenkt, fehlt hierzulande noch ein einheitlicher Gradmesser für den Stromverbrauch von Bildschirmen, Receivern und Audio-Systemen. Damit sei erst im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen, meint Verbraucherschützerin Fischer und rät zunächst generell zu Skepsis, wenn Geräte als stromsparend angepriesen werden. Die modernen – und in der Regel größeren – Flachbildgeräte etwa verbrauchten gewöhnlich mehr Strom als Röhrenfernseher, die sie ablösen. Nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur in Berlin sind zwar auch Flachbildfernseher dank neuer Technologie nicht mehr solche Stromfresser wie die ersten Modelle, doch selbst der Stromverbrauch gleich großer Fernseher unterscheide sich im Betrieb um bis zu 60 Prozent.

Käufer kostet das Sparen also zunächst einmal Mühe. Dass es ihnen dabei in erster Linie nicht um Umweltschutz geht, sondern um den Geldbeutel, zeigen Zahlen des Branchenverbands ZVEI. Drei Viertel der Befragten sagten demnach in einer Umfrage, sie würden für ein stromsparendes Elektronikgerät mehr bezahlen. Tatsächlich tiefer in die Tasche gegriffen haben aber nur 17 Prozent. (dpa)/ (uk)