HPE übernimmt Juniper: Mit 14 Milliarden Dollar zur Nummer Eins?

Eigentlich kann es mit der Übernahme des Mitbewerbers Juniper für HPE nur ein Ziel geben: Im Netzwerkmarkt will man gemeinsam Cisco vom Thron stoßen.

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(Bild: iX)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Benjamin Pfister

Kurz nach dem Jahreswechsel bahnt sich eine große Übernahme im Netzwerkmarkt für Unternehmenskunden, Serviceprovider und Cloud-Anbieter an: Für 14 Milliarden US-Dollar möchte Hewlett Packard Enterprise (HPE) den Mitbewerber Juniper Networks übernehmen. Doch wie wird sich der Markt durch diese Übernahme verändern?

Erst im Januar 2023 hatte Gartner im Magic Quadrant Juniper Networks und HPE/Aruba als Marktführer eingestuft. Im einjährigen Zeitraum bis zum zweiten Quartal 2023 hatte jedoch Cisco Systems im Ethernet-Switching-Markt gemäß IDC den größten Marktanteil. Dort folgten Arista, Huawei und HPE. Durch die Übernahme dürfte sich der Marktanteil erheblich zugunsten von HPE entwickeln. All dies vor dem Hintergrund, dass der Netzwerkmarkt ohnehin nach den vorherigen Lieferengpässen derzeit gut läuft und aufgrund der Vernetzung im IoT voraussichtlich so schnell auch nicht abklingen wird. Stellen doch die Router und Switche der vorgenannten Hersteller die Basis der zunehmend digitalisierten Prozesse dar.

Insgesamt komplettieren die großen Router und Firewalls von Juniper das Portfolio von HPE. Auch die Cloud-Angebote mit dem KI-Assistenten „MIST AI“ aus dem Hause Juniper dürften im Enterprise-Umfeld gut zu HPE Aruba passen. Ein Beispiel: Aruba bewirbt derzeit auf seinen Webseiten eine Funkoptimierung im WLAN-Umfeld durch KI. Da dürfte ein KI-Assistent im Management gut dazu passen. Juniper hatte zuletzt seinen Marvis genannten virtuellen Netzwerkassistenten durch eine Chat-GPT-Integration ergänzt. Über natürliche Sprache soll der dialogbasierte Assistent Fragen zum Netzwerkstatus beantworten und Troubleshootings durchführen. Jedoch muss man schauen, wie sich die Lösungen in der Praxis integrieren und ob die KI wirklich Vorteile gegenüber realer Intelligenz der Admins bringt.

Benannte Kundenzielgruppen sind Unternehmen, Serviceprovider, Cloud-Kunden mit den breit gefächerten Themenbereichen Campus- und Standortvernetzung, sowie Rechenzentrumsnetze.

Gartner Magic Quadrant für Enterprise-Netzwerke

(Bild: Juniper & Gartner Inc.)

Ist dies nun der große Schlag gegen Cisco Systems? Die Marktverbreitung von Aruba mit der Cloud-Lösung und KI von Juniper/MIST AI könnte durchaus einen scharfen Mitbewerber zu Ciscos Meraki-Angeboten aus der Cloud darstellen, die einige Kunden durch ein einfaches Management überzeugt, andere aber durch die Cloud-Basis abschreckt.

Eine Konkurrenz zu Cisco wollte man bereits 2009/2010 mit dem Zukauf des Switchspezialisten 3COM an HP erreichen. Komplett gereicht hat es dafür nicht. 2015 kam dann Aruba Networks als WLAN-Spezialisten im Enterprise-Umfeld als Zukauf für zirka 3 Milliarden Dollar hinzu.

(Noch) ist Cisco der klare Marktführer im Bereich Ethernet-Switche.

(Bild: IDC)

Was erwartet sich jedoch HPE überhaupt von Juniper? Im Blog benennt Juniper Synergieeffekte von 450 Millionen Dollar auf 3 Jahre. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dies nur auf Basis von Einsparungen durch Mitarbeiterabbau geschieht. Zudem erwartet man durch den Zukauf eine Verdopplung von HPEs Netzwerkgeschäft.

HPE scheint sich gemäß Schilderungen im Juniper-Blog zu erhoffen, deren Lösungsportfolio zu vergrößern und dieses an Junipers derzeitige Unternehmenskunden, Kommunikationsdienstleister und Tier-One-Cloud-Kunden zu vertreiben. Zudem erhält HPE so die Option, in neue Marktsegmente – insbesondere Rechenzentrumsnetzwerke, Firewalls und Provider-Router – vorzustoßen. Die Präsenz von Juniper in Rechenzentren und bei Cloud-Anbietern soll zudem noch erweitert werden. Benanntes Ziel ist es, das Geschäft in Netzwerkbereichen mit hoher Marge auszubauen.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dies gelingt. Aktuell ist auch der Börsenliebling Arista Networks stark im Umfeld von Cloud-Providern und großen Rechenzentrumsnetzen unterwegs. So gehören etwa Microsoft und Meta zu deren Kunden und gemäß Forbes stieg deren Umsatz um dritten Quartal 2023 um 28 Prozent auf 1,51 Milliarden Dollar. Speziell im aktuell boomenden KI-Umfeld sind die Rechenzentrumsswitche durch geringe Latenzen und die standardbasierte Architektur beliebt.

Die kombinierten HPE-Networking-Geschäfte soll der jetzige Juniper-CEO Rami Rahim leiten und an HPE-CEO Antonio Neri berichten. Die Übernahme soll Ende des Jahres 2024 bis Anfang 2025 vorbehaltlich der regulatorischen Freigaben sowie der Aktionäre abgeschlossen sein.

(fo)